Klosteranlge aus dem 12.Jahrhundert
   
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Antonierhaus in Memmingen
 

Entstehung und Entwicklung des Ordens der Antoniter, ab dem 12.Jahrhundert in Memmingen

Einer der schönsten und best erhaltensten mittelalterlichen Häuser der Antonier am Standort Memmingen (Foto vor der Renovierung)
Antonierhaus Anfangszustand

Inhaltsverzeichnis

2.0 Der Antoniterorden-ein Überblick

2.0 Entstehung und weitere Entwicklung des Ordens

2.2 Kritikwürdige Zustände und Reformbemühungen im Antoiterorden

3. Die Antoniter und ihr Haus in Memmingen

3.1 Die Niederlassung von Pierre Mitte

3.2 Das Antonierhaus unter Pierre Mitte

3.2.1 Das neue Haus

3.2.2 Das Memminger Spital

3.2.3 Das Antonierhaus als Wirtschaftszentrum

3.2.4 Das Verhätnis zur Stadt

3.3 Die Zeit nach dem Präzeptor Pierre Mitte (bis 1562)

4.0 Das Antonierhaus zwischen 1562 und 1804 (Als Pfarrhof bezeichnet)

5.0 Das Antonierhaus im 19. und 20.Jahrhundert

6.0 Das Antonierhaus zwischen Gefährdung und Sanierung

7.0 Die Pläne der Behörden für die Zukunft (Restaurierung und Nutzung de Antonierhauses

7.1 Grundsätze für die Restaurierung und Nutzung des Antonierhauses

7.2 Die vorgesehene Nutzung des Hauses

8.0 Abschließende Stellungnahme zum Antonierhaus als Denkmal

8.1 Zu den allgemeinen Einrichtungen

8.2 Zum Museum

9.0 Vorgeschichte und Zielsetzung unserer Arbeit

10.0 Danke an alle Beteiligten




2.0 Der Antoniterorden ein- Überblick

2.1. Entstehung und weitere Entwicklung de Ordens

Am Ausgang des 11. Jahrhunderts traten der Mutterkornbrand (Ergotismus) und die Krampfseuche,zwei Krankheiten, die durch Genuß von mit Mutterkornpilz befallenem Getreide ausgelöst werden, als Massenerscheinung auf. Bei der ersten verengen sich die Blutgefäße, die Gliedmaßen werden brandig-schwarz und fallen z.T. duch Selbstabstoßung ab. Bei der zweiten Krankheit kommt es zu Muskelkontraktionen, zu veitstanzähnlichen Anfällen und zur Verblödung. Wegen der heftigen , brennenden Schmerzen nannte man die Krankheit u.a. 'ignis sacer' (heiliges Feuer)
Viele Kranke pilgerten unter anderem zu den Gebeinen des hl.Antonius nach Saint-Antoine in Frankreich. Zur Versorgung des großen Pil´gerstrom fanden sich spontan einige Laien der Umgebung zusammen, deren therapeutische Erfolge beachtlich gewesen sein müssen. Nach einigen Jahren wurde neben dem zu klein gewordenen Haus, das von da an nur noch für Bedienstete und Pilger Raum beiten mußte, ein eigenes Gebäude für die Kranken, als ein Spital errichtet.
# Die so entstandene Notgemeinschaft zur Betreuung von Menschen, die am "Antonisus-Feuer" erkrankt waren, verbreitete sich (zunächst als Laienorganisation) rasch über ganz Europa. weil sie duch einwandfreies Getreide, Heilkräuter, aber auch Amputationen sowei fürsorgliche Pflege große Erfolge hatte und deshalb auch zahlreiche Schenkungen erhielt. aus denen wiederum Hospitäler hervorgingen. Wer als Krüppel die Krankheit überlebt hatte, besaß lebenslangen Anspruch auf einen Platz in einem dieser Häuser, das ihm Unterkunft, Verpflegung und ärztliche Betreuung versprach. Auch in Memmingen errichteten die Antoniter Ende des 12. Jahrhundert eine solche Niederlassung.
Im 13. Jahrhundert verlangten die Konzilien, daß die Spitalgemeinschaft von Männern und Frauen zu einem (Männer)-Orden würde. Ab 1297 waren dann die Antoniter tatsächlich ein solcher Chorherren-Orden, der streng zentralistisch organisiert sein sollte. An seiner Spitze stand ein Abt, der im Mutterkloster St. Antoine residierte.
Der neue Orden erhielt vom Papst viele Privilegien, und es wurden neue Präzeptoreien (neue Standorte) gegründet. Diese unterstanden jeweils einer der Generalpräzeptoreien umfaßten mehrere Balleien, die meist mit Bistümmern identsich waren. Die Generalpräzeptoreien waren dem Abt direkt untergeben. Um die Einheit des Ordens zu wahren, wurden (zumindest später) hauptsächlich französische Präzeptoren, so auch in Memmingen eingesetzt.
Bekannt wurden die Antoniter in ganz Europa nicht nur durch ihre Heilerfolge und ihre (wenigsten äußerlich) straffe Organisation, sondern mindestens ebenso durch ihre jährlichen Almosensammlungen, die sie bis ins abgelegenste Dorf führten.
Seit Mitte des 11.Jahrhunderts war in Frankreich der Brauch aufgekommen, den Bau oder die Restaurierung von Kirchen durch Almosensammlungen, auch Quest (lat. quaestus=Erwerb oder Gewinn)oder Terminieren genannt, zu finanzieren. Oftmals hatten die umherziehenden Almosenbitter auch Reliquien bei sich, die sie dann teuer an Gläubige verkauften, Diesen Brauch griffen die Antoniusbrüder auf und wurden damit Vorbild für die späteren Bettelorden. Die Sammelfahrten wurden im Laufe der Zeit immer mehr ausgebaut, und die Einnahmen daraus sollten bis zu den Umwälzungen der Reformationszeit die Haupteinnahmequelle des Ordens bleiben
Das Sammeln der Antoniter stand ausdrücklich unter päpstlichem Schutz, denn es sollte ja ihr caritatives Anliegen finanziell unterstützen. So führten also die einzelnen Präzeptoreien jedes Jahr in den ihnen untergeordneten Balleien mit großem Gewinn die Almosensammlung durch. Die Ankunft des "Antoniusboten" d.h. eines Antoniters oder eines vom Orden Beauftragten, wurde in dem jeweiligen Ort zu einem wahren Triumpfzug. Der Tag galt als Feiertag, bei der Predigt im Gottesdienst standen natürlich die gräßlichen Qualen des Antonius-Feuers und die Wundertaten des Ordenspatrons im Mittelpunkt. Gesegnet wurde mit den mitgebrachten Antonius-Reliquien. Anschließend sammelte der Antoniusbote, wobei er auf schützende, rettende Wirkung solcher Taten hinwies, die Gaben waren meistens Münzen, aber ebenso auch Naturalien. Zur solzialen Versorge wurden viele Gläubige auch Laien-Mitglieder des Ordens, wofür sie jährlich einen festen "Mitgliedsbeitrag" in Geld oder Naturalien zahlten. Ärmere Leute spendeten eines der sog. Antoniusschweine, die für den Orden ebenfalls berühmt war. Diese Tiere waren durch Schellen als Eigentum der Bruderschaft gekennzeichnet und wurden von der Allgemeinheit großgefüttert, bis die Antoniter sie mit viel Gewinn verkaufen konnten. In der Blütezeit der Almosensammlung nahmen die Antoniter so viel Geld ein, daß sie sich sogar kostspielige Bauten, z.B. das Haus in Memmingen, und teure Kunstwerke leisten konnten.
Die eingentliche Aufgabe dern Antoniter sollte aber die Hospitaltätigkeit sein. Ein Hospital war damals weniger ein Krankenhaus zur Aufnahme vorübergehend Erkrankter, sondern ein Ort der sozialen Fühsorge. Das bedeutete konkret bei den Antoniter: Es konnte Krankenhaus und Krüppelheim zugleich sein und war immer auch Übernachtungsstätte für vorüberziehende Pilger. Aber auch lebenslange Pfründner wurden aufgenommen, was in späteren Zeiten sogar überwiegend der Fall war. Die Antoniusspitäler waren ausgenommen das Mutterhaus in St. Antoine, das etwa 200 Kranke aufnehmen konnte-nicht sehr groß und hatten nur etwa 15 bis 20 Insassen. Geht man von 370 Hospitälern aus, die der Orden Ende des 15. Jahrhundert nach eigenen Angaben besaß, so käme man auf eine Zahl von 2000 - 3000 Menschen. die durchschnittlich wegen Mutterkornbrand betreut wurden
Diese Betreuung scheint, zumindest im Haupthaus von St. Antoine, sehr gut gewesen zu sein, so waren z.B. die für die häufig notwendigen Operationen angestellten Wundärzte hervorragende Experten ihres Faches.
Die Beschränkung auf eine einzige Krankheit sollte aber auch einer der Gründe für das Verschwinden des Antoniterordens aus der Geschichte werden. Da der Wohlstand wuchs und sich die Eßgewohnheiten der Menschen änderten, verschwand das Antoniusfeuer immer mehr, dadurch leerten sich auch die Spitäler, und der Orden verlor seine Existenzgrundlage. Es wurde an ihm wegen vieler Mißstände, vor allem dem Brauch des Sammelns, heftige Kritik geübt (vgl. das nächste Kapitel), und trotz aller Refomversuche wurden die Antoniter, vor allem, wenn ihre Niederlassung die Reformationszeit überstand, zu bloßen Pfründeninhabern.
Im Jahre 1776 verfügte der Papst die Auflösung des Ordens. Damit war eine Gemeinschaft ans Ende gelangt, die im Laufe ihrer Geschicht vielleicht Zehntausenden von Krüppeln ein menschenwürdiges dasein bereitet hatte.
Abschließend muß man auf die Tatsache hinweisen, daß von allen Häusern, die dem Orden im Mittelaulter zu hunderten gehörten, kein einziges mehr in seinem ursprünglichem Zustand erhalten geblieben ist-mit Ausnahme den Antonierhauses in Memmingen, von dem man das trotz einzelner weniger Veränderungen grundsätzlich behaupten kann.

Die allgemeine Geschichte des Ordens konnte den Eindruck erwecken, als habe die Organisation (fast) nur eine positive Rolle gespielt, und wenn sich dieses Bild auch für Memmingen bestätigen würde, hätte das natürlich Folgen für die Bedeutung des Antonierhauses als Denkmal. Doch selbst bei A. Mischlewski, der die Antoniter in den meisten seiner Veröffentlichungen überwiegend positiv darstellt, fanden wir immer wieder auch Stellen mit deutlichre Kritik, und in einem Aufsatz behandelt er sogar nur die negativen Seiten des Ordens, die schon zu dessen Zeit oft bemängelt wurden.

2.2 Kritikwürdige Zustände und Reformbemühungen im Antoniterordern

Schon in seinem Anfangsstadium wurde der Orden häufig wegen verschiedenste Punkte kritisiert:
  • persönliche Bereicherung, nicht zuletzt duch das intensiv betriebene Almosensammeln (es wurde mit am frühesten und häufigsten bemängelt.
  • intimes Zusammenleben von Männern und Frauen (Pflegepersonal, Patienten)
  • Habgier, Rücksichtslosigkeit und Gewalt gegenüber anderen Orden
  • voller Teilnahme am weltlichen statt am kirchlich-klösterlichen Leben
Nach der Erhebeung der Antoniter zu einer Chorherrengemeinschaft tätigten die Wohlhabenden der Ordensbrüder, oft zuständig für die "Ordnung" in der Organisation, Geldgeschäfte, erwarben Grundstücke, besaßen weltliche Herrschaften, standen im Dienst von Fürsten und zogen in den Krieg. Durch die zunehmende Verpfründung wurde es fast unmöglich gemacht, ungeeignete oder skanalös lebende Ordensmitglieder auszuschließen.

Reformversuche und ihr Seiten

Immerhin wurden im Jahre 1367 neue allgemeine Statuen erlassen, durch die die genannten Mißstände beseitigt werden sollten. Bis zu deisem Zeitpunkt besaßen die Antoniter noch gar nicht die äußere und erst recht nicht die innere Haltung von Chorherrenbrüdern. Gerade aus den 88 Verordungen, die eigentlich nur das Mindeste an Voraussetzungen für geistliches und klösterliches Leben regeln, geht besonders gut hervor, welches Fehlverhalten es außer den obben angesprochenen Punkten im Orden gab.
Als eher nebensächlich kann dabei gelten, daß z.B. das Tragen geistlicher Kleidung gefordert wurde oder es verboten war, Jagdhunde und-Vögel zu halten.
Eine sicher wichtigere Statute betraf die Priesterweihe, da es immer noch sehr viele Ordensangehörige gab, die die Weihe nicht empfangen hatten.
Sehr bedeutsame Verordungen gerade für den Antoniterorden waren die, in denen es um den Zölibat und die Einhaltung des Keuscheiheitsgelübdes ging. Durch den ständigen Kontakt zu Pflegeschwesten und weiblichen Patienten hielten sich viele Fratres nicht an ihre Gelübde. Um dieses Problem zu lösen, sollten nun weder einfache Brüder noch Präzeptoren das Spital (in St. Antoine, worauf sich die Statuten vor allem bezogen) betreten dürfen, außer sie hatten die ausdrückliche Erlaubnis des Priors erhalten. Auch sollten die Ordensbrüder, unter Androhung der Exkommunikation, das Kloster nicht ohne triftigen Grund und ohne Erlaubnis von höherer Stelle verlassen.
Eine weitere Gefährdung der Antoniter war durch die enorme Reisetätigkeit gegeben, denn die jährlichen Almosensammlungen führten in sehr abgelegene gegenden, und auch die verstreut liegenden Anoniter-Höfe mußten ja regelmäßig kontrolliert werden. Deshalb verlangte eine weitere Statute, daß Ordensangehörige nur in eigenen Ordensniederlassunge absteigen dürften.
Ansonsten wurde den Äbten und Generalpräzeptoren wieder mehr Macht zugesprochen, da es verboten wurde, sich um die Hilfe eines Fürsten zur Erlangung eines Amtes zu bemühen. Keine Pfründe oder lBallei drufte an Weltpriester oder gar an Laien vergeben werden, Präzeptoren, die dagegen verstießen und Ordenseigentum entfremdeten, sollten mit Amtsenhebung und Rückkehrt ins Kloster bestraft werden.
Ein besonders wichtiger Aspekt war das Verhältnis der Ordens zu seiner ursprünglichen Afgabe, der Krankenpflege. Gerade heir gab es anscheinend viele Mängel. Denn es mußten nicht nur die Ordenshäuser mit einem Jahreseinkommen von 100 Gulden und mehr erst streng dazu verplichtet werden, innerhlab eines Jahres das vorgeschriebene Spital zu errichten. Sondern sogar die Pflicht, Kranke die am Antoniusfeuer litten, unbedingt aufzunehmen, mußte noch einmal ausdrücklich eingeschärft werden, ebnso die pünktliche Ablieferung der für die Kranken bestimmten Gelder.
Auch wenn Mischlewski betont, daß es für diese Reform "ernsthafte Realisierungsbemühungen" gegeben habe, ist ihr Scheitern doch eindeutig. Offenbar verhielten sich nähmlich gerade die wichtigsten und einflußreichsten Männer gegenüber Bestimmungen, die sie selbst einschränkten, sehr ablehnend. Die Statuten waren nicht durchzusetzen.
Wie wenig die Anstrengungen genutzt hatten, zeigt sich darin, daß 1420 ein erneuter Reformversuch unternommen wurde. Allerdings war er auch deshalb nötig geworden, weil der Orden unter dem abendländischen Kirchenschisam besonder gelitten hatte. Der Papst berief das Generalkapitel ein, damit, wie es ausdrücklich hieß, "es nicht zum vollständigen Zusammenbruch käme."
Aus den gegenüber 1367 nur halb so umfangreichen Statuten von 1420 geht hervor, daß sich im Verhältnis zu früher wenig geändert hatte. Viele der damaligen Bestimmungen wurden wiederholt. Doch bereits zwei Jahre später bewies ein weiteter Reformversuch, daß keine Änderungen eingetreten waren. Auch diesmal waren konkret genannte Punkte wieder die Forderung, überschüssigen Gelder nur für Ordenzwecke zu verwenden, oder das Verbot, Laien bei den jählichen Almosensammlungen einzusetzen. Eine andere Statute betraf erneut die Übung der 'hospitalitas', d.h. die aufnahme und Versorgung von Kranken- also die ursprügliche Aufgabe des Ordens, vie vielleicht in den Wirren des Schismas, aber möglicherweise überhaupt sehr vernachlässigt worden war.
Daß noch ein vierter Reformversuch erfolgte, nämlich der im Jahr 1478, beweist wieder nur die Erfolglosigkeit der vorausgegangenen Bestrebungen. 400 Einzelbestimmungen wurden erlassen, die (wie die Reinigung von Kirchen) bis ins Detail gingen und sehr ausführlich gehalten waren-eigentlich eine Zusammenfassung der Bestimmungen von 1367 und 1420. Aber auch diese Reform sollte scheitern, weil sich gerade die führenden Männer im Orden einfach nicht um die Mindestanforderungen kümmerten, sobald es um ihren eingenen Vorteil ging.
Schon in der Vorphase der Reformation, erst recht dann auf ihrem Höhepunkt, gerieten besonders die schon früher oft bemängelten Almosensammlungen der Antoniter verstärkt in die Kritik-zum Teil schon mit deutlichen Auswirkungen auf die Sammelergebnisse. Wie sehr gerade dieser Brauch, der dem Orden einen Großteil seiner Einkünfte verschaffte, zum Stein des Anstoßes geworden war, geht aus dem hier wiedergegebenen Holzschnitt von 1526 hervor, Seine Bildunterscshrift lautet (etwas verdeutlicht)

"Antoni Herrn man diese nennt/ In alle Land sie wohl kennt/Das macht ihr stetes Terminieren/ Das arm Volk sie schändlich verführen/ Mit Drohung Sanct Antoni Pein/Betteln sehr, auch leerns (?) ihre Schwein/Schwarz, darauf blau Kreuz ist ihr Kleid/ Sind alle Buben, schwör ich ein Eid"

Dennoch wurde von vielen Ordensmitgliedern nicht nur in deisem Bereich, sondern auch allgemein die Notwendigkeit einer echten Reform nicht erkannt oder anerkannt, was am Ende den Orden zerstören mußte, Dazu trug wesentlich bei, daß die Antoniter eine Vorschrift sehr wohl 'beachteten' und keinesfalls reformieren wollten, nämlich keine anderen Kranken aufzunehmen und zu pflegen als die, die an Mutterkornvergiftung litten. Das entspach sehr der üblich gewordenen Bequemlichkeit, denn weil die Krankheit immer seltener auftrat, wude in vielen Spitälern der Zustand erreicht, daß nur noch wenigte 'Vorzeige'-Spitalisten deren Unterhaltung nicht sehr belastete, an die alten Ordensaufgaben erinnerten.
Deshalb bedeutete diese klStatute, daß der caritative Aspekt immer mehr zurücktrat und schließlich ganz "zugunsten der finanziellen und organisatorischen Elemente" eintfiel, Der Orden "machte zunehmend Betreib mit sich selbst", wie Mischlewski treffend formuliert, und verlor seine Existenzberechtigung. Am 17.12.1776 verfügte der Papst die Inkorporation der Antoniter-Gemeinschaft in den Malteserorden damit ihr Ende.

Die nächte wichtige Frage war, was dieser Orden der Antoniter nun mit Memmingen zu tun hatte, wann er in der Stadt zum ersten Mal auftrat, welche Bedeutung seine dortige Niederlassung besaß und ob auch hier kritikwürdige Zustände anzutreffen waren.

Antonierhaus Anfangszustand

3.0 Die Antoniter und ihr Haus in Memmingen

3.1 Die Niederlaussung von Pierre Mitte

(Im Bild die Kapelle des Antonierordens) Das Memmingen Antonierhaus ist eines der ältesten in Deutschland.
Im Dezember 1191 (Tod Welfs VI.) kammen die Antoniter vermutlich nach Memmingen, Allerdings ist seit kurzem die früher lange vertretene These, das Antonierhaus stehe auf dem Platz der Burg von Wlf VI., die dieser dem Orden vermacht habe, duch Ausgrabungen widerlegt. Die erst sichere Erwähnung stammt von 1215. Am 21.April dieses Jahres schenkte Friedrich II. von Staufen den Antonitern das Patronsrecht über die Kirche St. Martin mit all deren Rechten und Besitzungen (die Staufer waren Erbnachfoger Welfs). Am 24 Oktober 1253 inkorporierte der Bischhof von Augsburg die Kirche dem Antonierhaus, so daß die Präzeptoren auch Pfarrer von St. Martin wurden. Damit waren sie für die Seelsorge an der wichtigsten Kirche Memmingens zuständig, und da das Bedürfnis der Bevölkerung nach geistlicher Betreuung bis zum 15. Jahrhundert immer größer wurde, war den Antonitern eine bedeutende Aufgabe zugefallen, die ihr Verhältnis zur Stad Memminge und deren Bürgen wesentlich bestimmen sollte. Außerdem standen nun die Einkünfte der Kirche, die zuvor nach St. Antoine gegangen waren, dem Memminger Haus zur Verfügung.
Diese Einkünfte, die aus Naturalien und Bargeld bestanden, waren recht beträchtlich, Bauern aus der Umgebung lieferten Getreide ab, der Müller von Berg (Memmingerberg) zahlte Zins, eine Reihe von zehnten-wichtige Einnahmequelle fiel an. zu diesen und anderen Naturalabgaben z.B. Wachs und Eiern, kamen Geldeinnahmen aus Häusern und Ladenzinsen, Heu und Kerzengelder, Opferpfennige aus dem Kirchenstock, Einnahmen aus dem Getreideverkauf oder Bußgelder von Kaplanen, die gestiftete Jahrestage ausgelassen hatten.
Insgesamt spiele also schon das damalige Antonierhaus als Wirtschafsfaktor für Memmingen und seine Umgebung eine wichtige Rolle.
Doch daß die Memminger Niederlassung zu großer Bedeutung gelangte, hatte weniger mit dieser Rolle und solchen Einnahmen, auch nicht so sehr mit der erheblichen Zahl von Schenkungen oder Stiftungen zu tun, die sie im Laufe der Zeit erhielt (einige davon sind noch in der Quelle aus dem Jahre 1803 erwähnt, die in Kapitel 4 vorgestellt wird). Denn in beidem unterschied sie sich nicht besonders von anderen geistlichen Einrichtungen des Mittelalters.
Viel wichtiger war, daß die Memminger Präzeptorei offiziell das größte Gebiet des Antoniter-Ordenes im deutssprachigen Raum und darüber hinaus zu betreuen hatte, seine Ausdehnung war wiklich gewaltig. Es reichte von den Bistümern Chur, Augsburg und Eichstätt im Westen über die gesamte Kirchenprovinz Salzburg im Osten und Südosten, auch Brixen in Südtirol, bis zu den Diözesen Prag und Olmütz im Nordosten,
Theoretisch waren ihnen seit Anfang des 14. Jahrhundert sogar Gebiete in Polen, Rußland und Preußen übertragen, doch dahin dürfte wohl kaum jemals ein Memminger Antoniter gekommen sein. Wohl aber gab es Beziehungen bis nach Ungarn.
Dieses Gebiet zu betreuen heiß einerseits, sicht um die am Antonius-Feuer Erkrankten zu kümmern, anderseits, dort die jährlichen Almosensammlungen (da Terminieren oder den Quest) durchzuführen.
Was die erst Aufgabe betrifft, so gibt es keine Quellen darüber, wie sie in dem riesigen Gebiet erfüllt wurde. Mischlewski nimmt zwar an, daß das Memminger Haus winzige Spitäler in entfernten Orten betrieben haben könnte, da die Kranken ja nicht über die weiten Strecken bis nach Memmingen transportiert werden konnten. Doch mindestens genauso viel spricht dafür, daß diese Aufgabe gar nicht erfüllt wurde, gerade weil auch in Memmingen selbst die Spitaltätigkeit nicht im Vordergrund stand. Zwar wird dort 1393 ein neues Spital erwähnt, aber das muß man sich als sehr bescheiden vorstellen.
Jedenfalls dürften die Antoniter im größten Teil des Gebietes fast nur Terminiertätigkeiten ausgeübt haben. Die Memminger Niederlassung gründet auch keine "praeceptoria subdita" (Zweig-Präzeptorie), sondern wollte die Oberaufsicht über die Sammlungen immer für sich behalten. Es gab aber in Memmingen, wie in vielen anderen Niederlassungen, zu keiner Zeit die eingentlich vorgeschriebene Mindestzahl von vier Ordensbrüdern, nie ist mehr als einer außer dem Präzeptor nachzuweisen. (Übrigens ist nicht nur deshalb, sondern grundsätzlich die immer wieder gebrauchte Bezeichnung Antonie-Kloster unzutreffend). Das bedeutete aber für die Sammlungen, daß nicht genügend Ordensleute in die verschiedenen Terminier-Bezirke (Balleien) ausgesandt werden konnten, so daß diese sehr oft verpachtet wurden.
Obwohl also Zuständigkeit und Bedeutung des Hauses sehr groß waren, wurde es, außer später in der zeit von Pierre Mitte, nie besonders reich (Jahreseinkommen 1417: 50 Silbermark, im Verhältnis zu 40 bis 50 Euro z.B. in Isenheim).

Was die Herkunft der Präzeptoren angeht, so amtierten deutsche Vorstände in Memmingen länger als anderswo (bis ca. 1335). Es folgten kleine französische Landadelige aus dem Anoniter-Stammland. Auch der 1385 berufene Präzeptor kam wieder aus der Dauphine'. Es war der Bürgeliche Johannes Barucher, vermutlich jüdischer Abkunft. Er erbaute ab 1393 die Antoniuskapelle (heute Kinderlehrkirche) und das oben erwähnte nejue Spital; wobei er das antonierhaus stark verschuldete. als letzter Bürgerlicher folgte ihm von September 1414 bis November 1421 Jacob Turcolator, vermutlich sein Neffe, nach. Dessen Nachfolger war Reynaud de la Farge (Reynald von Fargia), der schon nach 5 Jahren aus gesundheitlichen Gründen auf eine kleinere Niederlassung wechselte (17. April 1427). Das ebnete letztlich den Weg für Pierre Mitte, da nun dessen Onkel Petrus de Amansia, der mit R. von Fargia getauscht hatte, das Amt übernahm. Dem Onkel, der sich auch Amansiaco nannte, war es zuvor, wahrscheinlich aufgrund unehelicher Abstammung, nie gelungen, eine bedeutende Stellung im Orden zu erreichen. In Memmingen war er totz seines klalters (über 50) eifrig tätig, reiste weit und vertrat seine Rechte und die des Hauses so wie er sie sah- hartnäckig.
Nach zwölf Jahren tauschte er (vermutlich aus Altergründen) seine Ordenspfründe mit der seines Neffen Pierre Mitte. Ein Jahr später am 28. August 1440 starb er.

3.2 Das Antonier Haus unter Pierre Mitte

Pierre Mitte den Chvrieres kam Ende des Jahres 1439 nach Memmingen, um sein Amt als Präzeptor der dortigen Ordensniederlassung und als Stadtpfarrer der St. Martinskirche in Memmingen anzutreten. Damit war er der wichtigstge Geistliche der Stadt geworden, in der es im ganzen etwa 70 Kleriker und über 50 Ordensfrauen gab. In den ersten Jahren war er allerdings häufig und auch längere Zeit abwesend, vor allem. weil er in Heidelberg, dann in Paris Kirchenrecht studierte, und so kümmerte er sich bei seinen relativ kurzen Aufenthalten in der Reichstadt fast nur um die wirtschaftlichen Interessen der Memminger Niederlassung. Das damalige Spital muß jedoch so ärmlich gewesen sein, daß er schon 1442 ein angrenzendes Haus kaufte, um ddie Spitalinsassen besser unterbringen zu können. Auf seinen häufigen Reisen nach Italien oder Frankreich, und vor allem in der Großstadt Paris, sah Pierre Mitte sicher viele prächtige Antoniterhäuser, und so hat er sich nach Abschluß seiner Studien, und nachdem er verschiedene Aufträge der Ordensführung erledigt hatte, nicht nur seiner Präzeptorei im ganzen intensiv gewidmet, sondern auch den Entschluß gefaßt, in Memmingen ebenfalls einen wirklich großen Antonierhof zu bauen. 1454 wurde mit den Arbeiten begonnen, die sich über viele Jahre hingezogen. am Ende entstand das Gebäude, das sich im wesentlichen bis heute erhalten hat und wieder Antonierhaus heißt.

Antonierhaus Anfangszustand

3.2.1Das neue Haus

Petrus Mitte erneuerte und vergrößerte das Antonierhaus ganz erheblich (über den Vorängerbau ist allerdings nichts Genaues bekannt, außer daß es sich um ein einfaches Haus aus Holz gehandelt haben dürfte). so entstandt ein Gebäude mit 4 Flügeln um einen Innenhof, das für Memminger Verhältnisse sehr beträchtliche Ausmaße besaß. Die leicht geknickte, vom Haupttor unterteilte Hauptfront (nach Osten) war bzw. ist 45,25 m lang, die nördlich Gebäudeseite 37,5 m, die westliche-teilweise nach Osten zurückversetzte-Hauskante 28,5 m und die südliche 20 m lang, allerdings mit einem Verbindungsbau nach Westen hin. In jedem Flügel befindet sich ein Treppenaufgang. An der Hauptfront ist da Haus 3 und an den anderen Seiten 2 Stockwerke hoch.
Wie aus dem Inventar von 1531 und aus einer Beschreibung von 1804 hervorgeht, die sich beide grundsätzlich kaum unterscheiden, befand sich im Antonierhaus eine große Zahl von Räumen.
So erbaute Pierre Mitte im Nordflügel ein neues, relativ geräumiges Spital für etea 12 am Antoniusfeuer erkrankte Menschen und Krüppel, das sog. Dürftigengemach. Neben dem Spital und einem Krankenstüblein für akut Erkrankte wurde für diese Personengruppe ein Badestüblein (ebenfalls im Nordflügel) eingerichtet.
In der unteren Etage des Nordflügels wa die St. Peters-Kapelle, die Hauskapelle der Antoniter, untergebracht. Für den Päzeptor wurden repräsentative Wohn- und Schlaf- und Arbeitsräume gebaut, und zwar im oberen Teil des Ostflügels, der auch seine Bücherei und in späterer Zeit die Stadtbibliothek aufnahm. gäste wurden in den 3 Gastkammern im Westflügel einquartiert. Dort befand sich außerdem ein gewölbter Speiseraum (Refektorium) von besonderfer Bauart (aus einer Tragsäule in der Mitte gehen nach oben die Gewölberippen hervor, und zum Innenhof hin ist hier ein gewölbter Kreuzgang mit Arkaden zu finden. Auch Aufenthaltsräume und Schlafkammern für weitere Ordensmitglieder (die es allerdings kaum gab), für die 3 Kapläne an der Martinskirche und den Kaplan an der Antoniuskapelle wurden geschaffen, z.B. in Form der sog. Helferstube und Helferkammer.
An das Gesinde das Antonierhaus war ein voll funktionierender Wirtschafshof - mußte ebenfalls gedacht werden. Es fand z.B. in der Mägdekammer und in der Gesindestube neben der Küche Platz. 4 Küchen gab es im Antonierhaus, z.B. eine im Parterre und eine im Obergeschoß. Auch wurden zahreiche Vorratsräume eingerichtet, z.B. ein Brot - eine Wein - und eine Krautkeller oder eine Mehl-, eine Speck-, eine Fleisch- und eine Speisekammer. Auch an eine Waschküche mit Brunnen war gedacht.
Die Dachräume des Antonierhauses bestanden nach Osten, Süden und Westen aus 2 Dachböden, wobei die nach Westen gerichteten noch in mehrere Verschläge abgeleitet waren. Der Dachstuhl der Nordfront enthielt 3 Dachböden.
Man sieht, daß Pierre Mitte ein äußerst großes und repräsentatives Haus gebaut hatte, in dem außer vielen verschiedenen genutzten Räumen insgesamt ca. 22 Kammern und 12 Stuben untergebracht waren.

3.2.2 Das Memminger Spital

Zu den vielen Räumen gehörte, wie erwähnt, auch das Spital. Es war ja die erste und wichtigste Aufgabe eines Präzeptors, ein Spital für die am Antoniusfeuer Erkrankten zu unterhalten. wie allerding die Memminger Hospitaltätigkeit im einzelnen aussah, dazu gibt es nur wenig Nachrichten. So viel scheint aber klar zu sein:

Aufgenommen wurde ein Kranker erst dann, wenn Heilkundkige, ein Ordensmann sowie die anderen Insassen an Ihm eine Untersuchung durchgeführt hatten. Damit sollte sichergestellt werden, daß wirklich nur Menschen, dai am 'Antonius-Feuer' litten, in das Hospital kamen.
Hatte der Kranke die Aufnahme erreicht, war seine alltägliche Situation anscheinend viel besser, als man da im allgemienen für das Mittelalter annimmt. Die Verpflegung der Kranken war individuell und sorgfältig ausgesucht. die Unterbringung erstaunlich modern, die Sorge für die Hygiene groß und die Zahl der Betreuerinnen ausreichend. In Memmingen kam täglich ein Arzt mit Medizin, die vom örtlichen Apotheker hergestellt wurde. Wahrscheinlich wurden sogar auch Operationen durchgeführt.

Die Kranken waren im übrigen nicht nur eine Belastung, denn erstens brachten sie ja ihr Eigentum und ihre Hinterlassenschaft in den Orden ein, und zweitens befanden sich manche noch in so guter Verfassung, daß sie zu verschiedenen Arbeiten herangezogen werden konnten. Einer dieser Leichtbehinderten war z.B. häufig als Bote unterwegs und unternahm mehrmals Reisen nach Rom, sogar während der Winterzeit.

Sah nun Pierre Mitte in der Unterhaltung des Spitals tatsächlich seine "erste und wichtigste Aufgabe"

Schon daß die Dürftigenstube im Verhältnis zum Gesamtgebäude zeimlich klein war, spricht nicht dafür, daß das Spitalwesen für die Ordensniederlassung wirklich die Hauptrolle spielte. (Natürlich stand Memmingen damit nicht allein wie aus Kapitel 2.2 hervorgeht.)
Weitere Hinweise bestätigen diesen Eindruck.

Mischlewski schließt aus einer Nachzählung aller namentlich genannten Kranken, daß sich im Durchschnitt höchstens sieben Insassen im Antonius-Spital befanden, und daß die Zahl, selbst wenn es einmal mehr gewesen sein sollten, nie mehr als zwölf- entsprechend den Platzverhältnissen betragen habe. Außerdem fällt auf, daß das Memminger Spital-obwohl die Niederlassung ein riesiges Gebiet zu betreuen hatte (vgl. oben 3.1) mit einer Ausnahme nur Kranke aus dem Bistum Augsburg aufnahm. Ein weiteres Indiz für die geringe Rolle des Spitals ist, daß nur eine Krankenpflegerin angestellt war, die sich außerdem dazu verplichten mußte, auch auf den Feldern oder im Garten mitzuhelfen, wenn sie für die Kranken nichts zu tun hatte.

Am aufschlußreichsten ist, wieviel Finanzmittel die Präzeptorei jährlich für den eingentlichen Ordenszweck, die Pflege der Kranken, aufwendete. Mischlewski sagt dazu ganz klar: Im Verhältnis zu den anderen Ausgaben waren sie gering. Ihre Gesamtsumme stand ganz offensichtlich in einem argen Mißverhältnis gegenüber den anderen Aufwendungen, die mitunter die Grenze zum Überflüssigen deutlich überschreiten.

Das Spital war also auf keinen Fall das Wichtigste am Memminger Antonierhaus, Aber was dann ? Wozu diente die Niederlassung hauptsächlich?

3.2.3Das Antonierhaus als Wirtschaftszentrum

Schon vor Pierre Mitte hatte das Memminger Antonierhaus große wirtschaftliche Bedeutung, wie oben (Kap. 3.1.) beschrieben wurde. Das ist allgemein klar, auach wenn man nicht über alle Einnahmen- und Ausgabenbücher verfügt.
Aber gerade aus der Zeit Pierre Mittes (1439-1479) sind einige wichtige Materialien erhalten geblieben. Neben relativ vielen Einzelurkunden bestehen sie auch aus einem Zinsbuch und zwei sogenannten Rechnungsbüchern aus den Jahren 1443 bis 1444 und 1456 bis 1466. Auf dieser Grundlage lassen sich einigermaßen fundiete Aussagen über die Wirtschaftsweise des Memmingen Antonierhauses treffen, aus denen gleichzeitig hervorgeht, daß eben das Wirtschaften der Hauptzweck der Niederlassung war.

Der Quest

Die Generalpräzeptorei Memmingen umfaßte, wie in Kap. 3.1 erwähnt, eigentlich ein Sammelgebiet von zehn Bistümern. Wegen eines jahrelangen Streits mit dem Heilig-Geist-Spital in Wien konnte aber zur Zeit öPierre Mittes in den Gebieten Prag, Salzburg und Passau nicht gesammelt werden. So blieben nur die sieben Regionen Augsburg, Nördlingen, Freising, Regensburg, Eichstätt, Chur und Brixen als Terminierbezirke- also als Balleien übrig. Die Einnahmen aus dem Quest beliefen sich im Durchschnitt auf 820 Gulden pro Jahr, was immerhin 67% des Gesamteinkommens waren, Welch enorme Menge Bargeld das Terminieren dem Memminger Präzeptor einbrachte, wird deutlich, wenn man das Sammelergebis zur Zeit Pierre Mittes mit dem des Heilig-Geist-Ordens-Spitals in Markgröningen vergleicht. So betrugen die 92 Gulden, die in Markgröningen durch das Terminieren zusammenkamen, nur 1% der Gesamteinnahmen.

Höfe und Balleien

Mittelpunkt des Memminger Wirtschaftswesens war das neue Haus des Ordens selbst, Von ihm aus wurden unter Mithilfe der Pachthöfe in Hart, Dickenreishausen und Hetzlinshofen die in nächster Umgebung leigenden Felder bewirtschaftet. Über Lage und Größe dieser Felder ist nichts bekannt, es sei denn, man schließt aus den noch im Jahre 1803 bestehenden Verhältnissen, wie sie die in Kapitel 4 wiedergegebene Quelle darlegt, auf die Zeit von Pierre Mitte zurück. Das scheint aber nicht recht zulässig zu sein, da diese Quelle selbst von starken Veränderungen in den Besitzverhältnissen des Hauses während der vergangenen Zeiten (also vor 1803) spricht.
Doch geben einige Zahlen aus der Zeit Pierre Mittes einen gewissen Eindruck vom Umfang der damaligen Eigenwirtschaft. So bestand z.B. das Personal aus einem Verwalter (gleichzeitig Bäcker), einer Verwalterin (gleichzeitig Köchin), einem Pferdeknecht, einer Viehmagd und zwei Hirten. Beim Viehbestand belief sich zwischen 1458 und 1460 jährlich auf 32 bis 52 Schweine und 9 bis 16 Stück Rindvieh, die auf den nähergelegenen Flächen weideten.
Die Erträge des Hofes kamen jedoch nicht nur der Spitalgemeinschaft zugute. Beinahe regelmäßig erhielten auch die zahlreichen Handwerker, die in den Diensten der Antoniter standen, einen Teil ihrer Vergütung in Getreide, aber auch in Stroh oder Getreideabfall.Aan alle Interessenten wurden nur Getreide für rund 114 Gulden und Schweine für rund 29 Gulden verkauft.
Die oben genannten Balleien wurden- wie früher schon auch von Pierre Mitte eintgegen den Ordensregeln fast immer vrepachtet. weil die Niederlassung selbst in keiner Weise über das geistliche Personal-schon gar nicht über die nötige Zahl von Ordensbrüdern-verfügte, die das Terminieren hätten übernehmen können, Die Pächter-oft waren es Laien-konnten (fast) frei über ihre Einnahmen verfügen. Es wurde vertraglich festgelegt, welche Abgaben sie zu ertrichten hatten, Jährlich mußte eine bestimmte Pachtsumme entrichtet werden, die den Balleinen entsprechend bemessen war. Durchschnittlich betrg diese Summe 100 Gulden, wobei noch eine Gulden für die Gesamtheit der Antoniusbruderschaft und 1/2 Gulden für die Kranken im Spital hinzugefügt wurden.

Die von den Balleipächtern außerdem abzuliefernden Naturalien setzten sich zur zeit von Pierre Mitte wie folgt zusammen:

  • Tuch: Augsburg 200 Ellen, Eichstätt 100 Ellen
  • Käse: aus Augsburg und Nördlingen
  • Öl: Augsburg 200 Pfund
  • Salz: Freising 6 Scheiben (d.h. kleine Salzfässer von 55,5 kg)
  • Butter: Nördlingen 10 Zentner
  • Schweine: Augsburg 10 Stück

Die Zinse

Die Geldanlage in Zinse war eine der wichtigsten Kapitalanlagen des Ordens

1440 wurden dem Antonierhaus Zinse in Höhe von 26 Pfund und 10 Pfennigen geschuldet. 1474 stieg siese Summe bis auf 36 Pfund an, und ein Jahr später belief sich das Ganze auf 47 Pfund, eine Summe, die dann konstant blieb.

In deinen letzten Lebensjahren, d.h. nachdem er seine geplalnten Bauvorlhaben abgeschossen hatte, war Pierre Mitte darum bemüht, die von seinem Haus zu entrichtenden Zinse nach Möglichkeit zurückzukaufen. In den zwei Jahren 1474 un d 1475 gab er für diese Rückkäufe, aber auch für eine Reihe Neukäufen 140 Pfund Heller und 84 rheinische Gulden aus.

1443 kaufte eer dann für 200 Gulden den Haupt- und Fallzins von jährlich 13 Gulden zurück, den der Präzeptor Johannes Barrucher vor über 30 Jahren an die Heinrich-Lumen-Spende verkauft hatte.

Auch das Geld, das Pierre Mitte nicht oder zumindest vorübergehend nicht benötigte, legte er in Zinsen an. Beinahe von Jahr zu Jahr wuchs die Liste der ihm zu entrichtenden Martinszinse. Und alleine im Jahre 1475 erwarb er vier Zinse zurück. Die zurückgekauften Zinse hatte er natürlich bei jedem Handel billiger erworben als zum Zeitpunkt des Verkaufs, und somit schlug er auch daraus Profit.

Insgesamt bestand das jährliche Einkommen zu Pierre Mittes Zeit aus ungefähr 1225 Gulden die sich folgendermaßen zusammensetzten:

  • 820 gulden (=67%) aus dem Quest
  • 215 Gulden(=18%) aus den Opferstöcken
  • 101 Gulden (=5%) aus den Pachthöfen
  • 21 Gulden (=2% aus dem Zins

Dazu kamen noch die vielen Naturalien, die in Punkt 2 aufgelistet wurden.

Ausgaben

Natürlich standen den Einnahmen viele Ausgaben gegenüber. Zunächst mußten der gesamte Gebäudekomplex und die in ihm lebenden Personen unterhalten werden, neben dem Präzeptor also die anderen Geistlichen, das mindestens sieben Köpfe zählende Stammpersonal, etwaige Tagelöhner und die etwa sieben oder mehr Spitalinsassen, Hinzu kam immer wieder die Versorgung durchreisender Gäste.
Der Bedarf für diesen Unterhalt konnte von den Naturaleinnahmen des Hauses auf keinen Fall gedeckt werden, sondern die meisten Lebensmittel und sonst benötigten Waren wurden gekauft oder als Auftragsarbeiten erworben. Somit war das Antonierhaus ein wichtiger Kunde der Handwerker (Schmiede, Wagner, Sattler, Seiler, Schlosser, Schreiner, Kerzendreher usw.) und Kaufleute von Memmingen, aber auch von außerhalb (besonders von Nördlingen), und das heiß: Es war Wirtschafsfaktor nicht nur deshalb, weil viele Menschen für die Niederlassung arbeiteten und zahlten, sondern auch, weil sie (bzw. andere) von ihr Einkünfte bezogen.

Aber es muß gesagt werden, daß Pierre Mitte die Einnahmen des Antonierhauses häufig auch für seine persönlichen Interessen nutzte und dabei erheblich Ausgaben hatte.
Das galt einmal für seine Leidenschaft des Büchererwerbs, denn seit seiner Heidelberger und Pariser Studienzeit baute er sich eine eigene Bibliothek auf, wozu er auch von Memminger und anderen Schreibern verschiedene Bücher abschreiben ließ.
Auf der anderen Seite hatte er für seine Familie, d.h. seinen Sohn und seine (wohl in Memmingen geborene) Tochter große Aufwendungen, die er aus den Einnahmender Präzeptorei bestritt. Nicht nur, daß er ihnen daraus die tägliche Versorgung, seinem Sohn die Ausbildung finanzierte, sie erhielten auch großzügige Geschenke. seine Tochter einmal einen Pelz im Wert von drei Gulden, was dem Lohn einer Viehmagd in 8 1/2 Monaten entsprach. Als sie heiratete, gab er für die Mitgift, die Wohnungseinrichtung und die Hochzeitsfeierlichkeiten über 400 Gulden aus. Kurz gesagt: Pierre Mitte behandelte "das im anvertraute Ordenshaus wie seinen Privatbesitz.

Für die Antoniter in Memmingen- gerade für ihren bedeutendsten Vertreter, Pierre Mitte stand also die wirtschaftliche Funktion des Hauses sehr stark im Vordergrund, Umgekehrt war sicher für viele Menschen in Memmingen und außerhalb die Präzeptorei gerade in wirtschaftlicher Hinsicht sehr wichtig. Aber beschränkte sich darau die Bedeutung der Niederlassung für die Stadt? Welche Beziehung bestand sonst zwischen ihr und dem Antonierhaus?

3.2.4 Das Verhältnis der Stadt

Pierre Mitte bemühte sich um gute Beziehungen zur Stadt, z.B. durch Teilnahme am gesellschaftlichen Leben. So leistete er Zahlungen an die "Trinkstube" der Großzunft, lud die Stadtherren zu Feierlichkeiten ein und pflegte persönliche Freundschaften mit Memminger Bürgern, u.a. der Künsterfamilie Strigel.
Doch für die allgemeine Stellung des Antoniter-Ordens war wichtiger, daß er der Stadt gegenüber bestimmt Verplichtungen einging und damit zeigte, daß er gut mit ihr auskommen wollte. So nahm er 1445 das Bürgerrecht an und erklärte damit den Rat der Stadt für zuständig in Streitfragen, die keine geistlichen Dinge betrafen. Auch erkannte er an, daß Hilfspriester nur mit Zustimmung der Stadtrats eingesellt werden durften, und 1453 setzte er sogar für die Zeit seinre Abwesenheit zwei Mitglieder der Stadtregierung als Pfleger des Antonierhauses ein, womit er sicher unbeabsichtigt den Wünschen der Stadt eintgegenkam, die mehr Einfluß auf die kirchlichen und klösterlichen Einrichtungen anstrebte.
Diese Schöritte sollten später noch fortwirken und manchen Streit verursachen. Denn Pierre Mitte verschrezte sich viele Sympathien durch endlose Streitigkeiten um seine tatsächiches oser nur beanspruchtes Recht. Da ging es z.B. um Anteile an einem aufgelassenen Stadtweiher, um Steuerfragen (der Präzeptor wollte als Ordensmann bestimmte Abgaben nicht zahlen, die der Rat von ihm als Bürger forderte) oder um die geistlichen Helfer (s.o.), die Pierre Mitte anscheinend oft nicht nach den Wünschen der Bürger ernannte.
Auch in finanziellen Angelegenheiten zeigte er sich sehr unnachgiebig. Er weigerte sich möglichst lange, Schuldkapital zurückzunehmen, damit er länger Zinsen erhalten konnte. Selbst war er jedoch immer darauf aus, geliehenes Geld so schnell wie möglich zurückzuzahlen.

Am wenigsten zufrieden waren die Memmingen mit der Art und Weise, wie Pierre Mitte seine sellsorgerischen Aufgaben als Stadtpfarrer von St. Martin erfüllte. Zwar kümmerte er sich um die bauliche Gestaltung und die Inneneinrichtung der Kirche. Die Bürger aber beklagten sich über viele Mißstände. Den geistlichen Helfern (und damit auch ihrem Vorgesetzten Pierre Mitte) wurde vorgeworfen, sie würden mehr Meß- und Stolgebühren verlangen, als sie dürften, und auch für ein "Seelgerät" (einer Stifung zugunsten der Kirch oder der Armen) würde zuviel gefordert. Vor allem aber wurde bemängelt, daß Pierre Mitte sein Predigeramt vernachlässigte. Denn der Präzeptor beherrschte einerseits die deutsche Sprache nicht genung, anderseits, und das war bestimmt ausschlaggebend, befand er sich ja sehr oft nicht in Memmingen und ließ sich während diesen Zeiten nicht oder nur durch Laien vertreten. Hinzu kam auch, daß die Memminger aus nächster Nähe das Besitzstreben des Präzeptors (vor allem beim Quest) miterlebten. Und man machte es ihm zwar anscheinend nicht zum Vorwurf, daß er als Geistlicher Nachkommen hatte (das kam wohl viel zu oft vor). Doch wie er seine Kinder und später auch seinen Enkel begünstigte, dem er schon als Sechzehjährigen die relativ hoch bezahlte Kaplanstelle an der Memminger Antonius Kapelle verschaffte, wie sehr er also (vgl. Kap. 3.2.3) die Ordensniederlassung als seinen Privatbesitz betrachtete, das hat mit Sicherheit dazu beigetragen, das Ansehen des Antoniter-Ordens in Memmingen zu beeinträchtigen. Logischerweise versuchte dann nach Pierre Mittes Tod (1479) der Rat der Stadt, die Trennung von Präzeptoren- und Pfarramt zu erreichen, und es wurde u.a. gefordert, daß der Nachfolger von Pierre Mitte an der St. Martinskirche deutsch spreche und seine Pfarrei ständig betreue. Doch keine dieser Forderungen ist bis zur Reformation erfüllt worden.

Nun hatten wir einiges Wichtige über 'unser' Antonierhaus un düber dessen Bedeutung in seiner Entstehungszeit herausgefunden. Aber war mit dem Tod von Pierre Mitte die Zeit dre Antoniter in Memingen vorbei? Was geschah anschließend mit dem Haus

3.3 Die Zeit nach Pierre Mitte (bis 1562)

Mit Pierre Mitte die Chevrieres starb 1479 der wichtigste und bedeutendste Präzeptor des Memminger Antonierhauses. Nach seinem Tod stritten drei Bewerber jahrelang um die reichen Ordenspfründe. 1487 bekam schließlich Philippe de Letra das Amt des Präzeptors (1487 bis 1500) er interessierte sich allerdings eher für die große europäische Politik als für die finanzielle Sichreung und die Erhaltung des Ordens in Memmingen. Das Philippe de Letras war verbunden mit einem der bedeutendsten Diplomaten des zu Ende gehenden 15. Jahrhunderts dem Franzosen Raymont Perealult, der sich zur Lebensaufgabe gemacht hatte, Europa für die Abwehr dre drohenden Türkengefahr zusammenszuschließen. Pereault erannte Letra 1490 zu seinem Unterkommissar für die Territorien der bayerischen Herzöge und beauftragte ihn auch sonst mit der Erledigung schwieriger Aufgaben.
Zur Unterbringung hochgestellter Persönlichkeiten und zur Abhaltung von Konferenzen besaß das Memminger Antonierhaus im Süd- und Westflügel genügend repräsentative Räume. Deshalb wurde es von Pereault und de Letra öfter für wichtige diplomatische Verhandlungen genutzt, und so gewann es, wie Mischlewski betont, vorübergehned sogar europäische Bedeutung.

Der Präzeptor Philippe der Letra hinterließ das Antonierhaus allerdings-gerade auch wegen der Unterbringung der vielen Diplomaten-so hochverschuldet, daß noch 5 Jahre nach seinem Tod (1505) König Maximilian einen dreijährigen Zahlungsaufschub gewähren mußte. Mit zu der Verschuldung hatte wohl auch beigetragen, daß die jährlichen Almosensammlungen der Antoniter in den letzten Jahrzehnten immer stärker kritisiert wurden und deshalb zunehmend schwieriger geworden waren. Durch die Reformation hörten sie dann ganz auf.

Deshalb liegt um 1500 sicherlich ein wichtiger Einschnitt in der Geschichte des Hauses. Seine Bedeutung reichte seitdem kaum noch über Memmingen hinaus, sieht man von dem im nächsten Kapitel geschilderten Ereignis um 1630 ab.

1502 verlieh Maximilian den Antonitern das Wappen mit dem doppelköpfigen Reichsadler und dem blauen Tau im Schild, das sie bis zur Auflösung ihres Ordens führten. Dabei verwies er ausdrücklich wider auf die Verdienste eines Memminger Präzeptors, nämlich Sebastian de Bonis (1500 bis 1511), der zugleich sein Almosenier (d.h. zuständig für da königliche Wohltätigkeitswesen) und seine Kaplan war. Allerdings kann man daran sicher gleichzeitig erkennen, daß seine Verdienste um den Memminger Ordenssitz klein waren. Er kümmerte sich um seine dortigen Aufgaben kaum.

Die beiden vorläufig letzten Inhaber der Stgelle, Kardinal Matthäus Lang (1512 bis 1513) und Kaspar von Leutzenbrunner (1513 bis 1531) fanden jeweils ein ausgeplündertes, völlig verschluldetes und baufälliges Haus vor, an dessen Zustand sie nichts ändern konnten oder wollten. Gerade auch Leutzenbrunner war ein reiner Pfründenjäger und vernachlässigte seine Pflichten als Präzeptor und als Geistlicher von St. Martin anschließend weitgehend.

Dies wird in Beschwerden deutlich, die der Memminger Stadtrat 1524 und 1531 an den Reichstag sandte. Zwar hinge sie eng mit der Einführung der Reformation in Memmingen (ab 1524) zusammen, die viele Unruhen mit sich brachte und die dre Rat auch ausnutzte, um seinen Einfluß aauf die klösterlichen und kirchlichen Angelegenheiten der Stadt zu verstärken. Doch spricht nichts dafür, daß die Beschwerden unberechtigt waren.

1524 beklagte sich der Ratg, daß Leutzenbrunner die Spitalinsassen mehr und mehr in der Verpflegung und in allem anderen Mangel leiden lasse. Außerdem sollte er eingentlich auf seine Kosten drei geistliche Helfer bei St. Martin halten (nach einem Vertrag zwischen dre Stadt und Antonier-Präzeptor aus dem Jahr 1482, nach dem übriges außerdem ein Vikar und, mit Zustimmung der Stadt, ein Prediger aunzustellen war), doch habe er das nicht getan, und so werde das Pfarrvolk nicht genügend geistlich betreut. Gerade damals gab es in der Bevölkerung einen starken Wunsch nach Predigten. So verteilte der Rat selbst die Predigerstellen der beiden Stadtkirchen. also auch an St. Martin. Leutzenbrunner protestierte, aber ohne Erfolg. Darafhin verließ der Präzeptor dei Stadt und vegab sich in den Schutz der Herzöge von Bayern. Sein Einkünfte wurden von der Stadt verwaltet und ihm nicht zugeleitet. als er 1529 beantragte, wieder die Messe lesen und predigen zu dürfen, wurde er vom Rat abgewiesen.
1531 übernahm dann die Stadt das Antonierhaus offiziell in ihre Verwaltung. Vier Ratsherren überprüften das Invertar und ließen ein entsprechendes Verzeichnis erstellen. Zur Rechtfertigung brachte der Rat bei Reichstagvor, daß Leutzenbrunner das Haus sei Jahren vernachlässigt habe. Er sei schon lange nicht mehr in Memmingen anwesend und verzehre sein Einkommen auswärts, er lasse sich von Laien vertreten, darunter sogar von seiner Schwester Gertraud von Leutzenbrunner und die "armen Dürtigen St. Antonii" würden unversorgt gelassen. Das ist übrigens der letzte Hinweis auf das Bestehen des Memminger Antonier-Hospitals, außer daß es als 'Dürftigen-Stube' mit seiner Einrichtung in dem Invertarverzeichnis von 1531 (s.o.) vermerkt ist. Im nächsten Verzeichnis aus dem Jahre 1545 findet sich von ihm keine Spur mehr, auch nicht wieder in einem weiteren von 1526.

1548 wurde Memmingen gezwungen, das "Augsburger Interim" anzunehmen, d.h. (vorübergehend) allen früheren katholischen Einrichtung ihre ehemaligen Rechte und Besitzungen zurückzugeben. Sofort gab es wieder Streit um die Stelle des Antonier-Präzeptor, sogar der Bischhof von Augsburg strebte für sich die Pfründe an. 1549 erhielt sie jedoch Georg Rinnel. der aber schon im Februar 1550 starb. Anschließend ging das Amt an den verheirateten Priester Ulrich Prommer aus Landsberg, der seinerseits 1562 starb.

Um die historische Bedeutung des antonierhauses zu erfassen, konnten wir uns für die Zeit bi 1562 weitgehend auf die wertvollen Forschungen von A. Mischlewski stützen. die er in den angeführten Veröffentlichungen dargelegt hat. Aber für die Zeit danach schauten wir erst einmal ins Dunkle. Was geschah mit den Antonierhaus seit 1562? Welches Schicksal hatte es ? Immerhin war klar, daß es nicht zerstört oder abgerissen worden war, Doch für nähere Angabden mußten wir uns erst umsehen. hier wurde ein Besuch im Memminger Stadtarchiv nützlich, denn er brachte uns wichtige Auskünfte und Quellenhinweise. Allerdings mußten wir uns jetzt mit Originalquellen, d.h. mit ihrer altdeutschen Schrift. die wir nur mit fremder Hilfe im Detail entziffern konnten. Es stellte sich heraus, daß das heutige Antonierhaus auch für die Jahrhunderte nach 1562 als wichtiges Denkmal gelten kann, obwohl es seit ca 1500 seine überregionale Bedeutung fast für immer verloren hatte.

4.0 Das Antonierhaus zwischen 1562 und 1804: Der Pfarrhof

Nach dem 1562 der Präzeptor Ulrich Prommer gestorber war, sandte der Rat der Stadt Memmingen Boten nach St. Antoine, in das französiche Mutterkloster der Antoniter, um einen Weltpriester seiner Wahl für die Verleihung der Ordenspfründe vorzuschlagen. Doch wegen der Hugenottenwirren konnte dort nieman gefunden werden, der die Pfründe ordnungsgemäß hätte verleihen können. so enstschloß sich die Stadt, das Antonierhaus zu übernehmen. Der Sohn des letzten Präzeptors übergab die Schlüssel un alle Urkunden, das Anwesen wurde auf Befehl des Rates wieder genau inspiziert, ein Inventarverzeichnis angelegt, und säntliche Besitzungen wurden in städtische Hände genommen.

Von diesem Zeitpunkt an waren also die Antoniter aus Memmignen verschwunden. Ihr Haus dessen Spitaltätigkeit ja schon über 30 Jahre vorher erloschen war, hörte auf, das Kloster und die Präzeptorie eines Ordens zu sein, dessen Bedeutung früher weit über Memmingen hinausging. Es wurde-mitsamt der St. Martins Kirche endgültig protestantisch. Damit verlor es auch seine relativ große Selbststädigkeit innerhalb der Stadt, denn es wurde nun von zwei städischen Pflegern verwaltet, die im Auftrag des Stadrats handelten.

Gerade das war sicher ein wichtiger Einschnitt in der Geschichte des Hauses. Und doch kann man genauso sagen, daß sich eigentlich nichts Entscheidendes änderte-jedenfalls nicht für diejenigen, die bisher schon in Memmingen und im Umland der Stadt für den wirtschaftlichen Unterhalt des Hauses sorgten. Denn für sie (die Angestellten im Haus und die Bauern draußen auf dem Land) blieben die bisherigen Verhältnisse weitgehend bestehen, nur daß sie jetzt für andere Herren arbeiteten.

Aber auch sonst diente das Antonierhaus, allgemein gesehen, ganz ähnlichen Zwecken wie früher, nähmlich den kirchlichen und wirtschaftlichen Angelegenheiten der wichtigsten Pfarrkirche Memmingens, St. Martin. Damit blieb es eines der bedeutendsten Gebäude der Stadt

Als erstes war es stets Wohnsitz für die Pfarrer von St. Martin und ihrer Angestellten, deshalb wurde es in den nächsten Jahrhunderten immer Pfarrhof genannt.
Spätestens seit 1796 gehörte zu dem Anwesen auch ein südlich angrenzendes Haus als Wohnsitz des Lehrers, der an der ebenfalls dor untergebrachten deutschen Knabenschule unterrichtete. Vorher hatten wohl Geistliche direkt im Antonierhaus diese Tätigkeit-die immer unter städtischer Aufsicht stand-ausgeübt, jedenfalls war das damals ganz üblich.
Aber auch andere 'amtliche' Personen wohnten, meistens gegen Mietzahlung, in dem Gebäudekomplex, so im Haupthaus der 'Pfarr-Pfleg_Actuar' (s.u.) und ein weiterer Lehrer, im Parterre des erwähnten angrenzenden Schulhauses der Stadtjäger.

Als zweites war da Haus, wie schon unter den Antonitern, nicht zuletzt ein wirtschaftszentrum, und die wirtschafliche Seite spielte eine entscheidende Rolle. Dies zeigt sich auch in der gerade genannten Tatsache, daß der 'Pfarr-Pfleg-Actuar' der maßgeblich an dre wirtschaftlichen Verwaltung beteiligt war, in dem Gebäude wohnte. Offiziell waren dabei Besitzungen und Einkünfte der St. Martins Kirche in Memmingen zugeordnet. Sie unterstanden aber völlig der Verfügungsgewalt der Stadt. den Auftrag zur Verwaltung besaß die sogenannte "Pfarrhof-Pfleg". Sie bestand (s.o.) und hatte jährlich genaue Rechenschaft abzulegen. Es existiert deshalb im Memminger - Stadtarchiv bis heute für jedes Jahr zwischen 1532 und 1550 bzw. zwischen 1562 und 1809- als das Stiftungswesen ganz umorganisiert wurde- ein Rechnungsbuch der Pfarrhof-Pflege.

Einen zusammenfassenden übreblick über die Besitzungen des Pfarrhofs und seine Einkünfte aber auch über die Ausgaben sowie die Tätigkeit der "Pfarrhof-Pflege" gibt eine Quelle, auf die uns der Memminger Stadtarchivar hingewiesen hat und die bisher nicht veröffentlicht wurde. Es handelt sich um die lange Berichte, die die Pfarrhof-Pflege im Jahr 1803 an die bayerische Verwaltung senden mußte, als die Stadt Memmingen und damit auch alle von ihr verwalteten Stiftungen in den Besitz des Bayerischen Staates kamen (vgl. unten, Kap. 5. Zwar betrifft diese Quelle hauptsächlich den Stand um da Jahr 1800, aber erstens geht sie, in einer längeren "Geschichts-Erzählung" am Anfang, auch auf die vorangegangenen Jahrhunderte ein, zweites macht sie deutlich, daß sich in deisen Jahrhunderten zwar einiges an den Einzelheiten, aber nichts Grundsätzliches geändert hatte.

Zu in der Quelle angesprochenen Besitzungen gehörten da Antonierhaus selbst (der Pfarrhof also), die Antonius Kirche (später als Kinderlehrkirche umbenannt), der Zehentstadel direkt beim Hauptanwesen, das oben erwähnte Schulhaus, der angeschlossene Garten sowie (lt. Angaben von 1803) 15 weitere Häuser (Höfe und Stadl) in verschiedenen Dörfern außerhalb der Stadt, nämlich in Steinheim, Hart; Hetzlinshofen, Dickenreishausen, Volkratshofen, Berg (heute als Memmingerberg umbenannt) und Priemen (bei Vokratshofen). Hinzu kamen landwirtschaftlich genutzte Flächen im Stadgebiet ("Stadtfeld und Etter") sowie viele verpachtete Äcker , wiesen und Wälder die alle Einkünfte in Form von Geld oder Naturalabgaben abwarfen.

Weitere Einkünfte erhielt das Haus bzw. die Pfarrhof-Pflege aus verschiedensten Rechten, vor allem aus dem-schon lange vor der Reformation existierenden-Zehnten. Auch hier gab es die Einkünfte in Form von Geld (Mietzins, Gerichtsgebühren, Strafgelder, Zahlungen bei Todesfällen oder Entlassung aus der Leibeigenschaft usw.) oder in Form von Naturalien (Stroh, Flachs, Rüben, Heu, Hopfen, Kräuter usw.)

Zu beachten ist, daß das Terminieren, also da Sammeln von Almosen, seit der Reformation nicht mehr stattfand und damit die entsprechenden Einnahmen, die unter den Antonitern noch sehr groß waren, wegfielen. Die Quelle spricht deshalb auch von häufigen wirtschaftichen Schwierigkeiten in den vergangenen Zeiten, die in den Jahren vor 1803 nur duch gestiegene Kornpreise verringert worden seien.

Immerhin mußten auf der andern Seite viele Ausgaben getätigt werden. So zahlte das Haus jährlich Schuldzinsen für aufgenommene Dalehnen, Steuern an die Stadt-auch in Form von Roggen und Kinkel-Stroh, Gehälter an Stadt und Landgeistliche, Pfarr-Kandidaten, Pfarreswitwen und andere Personen, außerdem Victualien (Naturalien), hauptsächlich Korn, an die gerade genannte Personengruppe sowie einmal jahrlich an Amtspersonen der Stadt (z.B. an die Pfleger und den Actuar, an Schulrektoren, Steuerbeamte, den kirchenorganisten u.a.). Auch Holz, Stroh und Flachs mußten an verschiedene Empfänger abgegeben werden. Hinzu kamen Aufwendungen für die Erhaltung der vier Gebäude in der Stadt, für Orgel und Musik in St. Martin, für Bücher der Stadtbibliothek und weitere Ausgaben wegen verschiedener Verpflichtungen z.B. Beiträge für wohltätige Zwecke (u.a. die sog. Aremen-Pflege Memmingens).

Grundsätzlich bleiben die dargestellten Verhältnisse bestehen, und es scheint nur wenig zwischen 1562 und 1804 passiert zu sein. was das Antonierhaus (bzw. den Pfarrhof) während dieser Zeit besonders betroffen hätte. Dazu gehört erstens, daß die (oben schon vorausgesetzte) Stadtbibliothek in dem Gebäude eingerichtet wurde, Das darf man sich allerdings nicht als einmaligen Vorgang vorstellen, stattdessen hat sie sich wohl allmählich aus den von Pierre Mitte hinterlassenen Buchbeständen entwickelt, indem die 'Ratsbibliothek' d.h. die vom Stadtrat angeschafften Bücher hinzukamen. Jedenfalls spricht man seit dem 18.Jahrhundert von der 'Stadtbibliothek' im Pfarrhof.

Ungewöhnlich waren außerdem zwei Vorgänge aus dem dreißigjährigen Krieg, der natürlich auch Memmingen betroffen hat.

Um das Jahr 1630 schien es nämlich so, als sollten sich die Verhältnisse für das Antonierhaus doch wieder ändern. Der Grund war der Vresuch der Katholiken, die St. Martins-Kirche und en ehemaligen Ordenssitz mit allens seinen Besitzungen zurückzugewinnen.

Der Augsburger Bischhof von Knöringen forderte nämlich im Rahmen seiner Restaurationspläne für die katholische Kirche die Restititution des Hauses, um es den Jesuiten als Kolleg und Schule zur Verfügung zu stellen. Unterstützung bekam er von Kaiser Ferdinand , der die sich weigernde Stadt aufforderte, der katholischen Kirche das Haus zu überantworten. Zu diesem Zeitpunkt wurde auch die Aufmerksamkeit der früheren Besitzer auf ihr verlorengegangenes Eigentum gelenkt. Die Antoniter entfalteten nun ebenfalls eine emsige Tätigkeit, um die Memminger Präzeptorei wieder in ihren Besitz zu bekommen. Am Kaiserhof war man aber schon lange entschlossen, die säkularisieten Klöster den Jesuiten zu überlassen. Die Memminger hätten, wenn überhaupt, lieber die Antoniter als die Jesuiten in der Stadt gesehen.

1631 wurde, so schiene es, das Antonierhaus endgültig durch den Kaiser den Jesuiten, also der katholischen Kirche zugeschrieben. Doch bevor sie es in Besitz nehmen konnten, verbreitete sich die Nachricht vom Sieg des evangelischen Schwendkönigs Gustav Adolf. Nachdem dieser in Memmingen einmarschiert war, mußten die Jesuiten die Stadt verlassen, an Restitution war nicht mehr zu denken, auch wenn das vor allem die Antoniter nicht wahrhaben wollten, die weiter Eingaben an den Kaiser richteten und in Rom-letztlich erfolglos-gegen den Jesutienorden prozessierten.

Interessant ist auch eine Begenheit aus der Eindzeit des 30jährigen krieges. Im Jahre 1617 wurde die Stadt von den Kaiserlichen (also den Katholiken) längere Zeit belagert. Im Oktober 1647 ließ der Stadtkommandant daraufhin auf dem Südflügel einen Teil des Daches vom Pfarrhof abtragen und darauf eine Batterie aufbauen.Deshalb geriet der Pfarrhof unter Beschuß und in Brand, wodurch aber keine nennenswerter Schaden entstand.

Aber abgesehen von diesen besonderen Ereignissen blieb, wie oben schon betont, die Situation des Antonierhauses, also der Pfarrhofes, bis 1803 im Grunde immer gleich.

Bis dahin kam es uns so vor, als ob die Geschichte und Bedeutung des Antonierhauses zwar etwas mühsam zu erkunden, aber doch relativ klar zu erkennen waren. Für die zeit nach 1804 wurden jedoch die verfügbaren Quellen dünn, die Vorarbeiten knapp, und hätten wir nicht wieder vom Stadarchivar, von der zustädigen Architektin sowie vom Stadheimatpfleger einige Hinweis und auch Unterlagen erhalten, würden wir wohl immer noch im Archiv sitzen und danach suchen, was wir überhaupt brauchen könnten.

5.0 Das Antonierhaus im 19. und 20. Jahrhundert

1803/1804 ereignete sich für das Antonierhaus ein großer Umbruch-so wie für Memmingen überhaupt. Denn die bis dahin freie Reichsstadt wurde mediatisiert, d.h. vom bayerischen Staat übernommen. Das bedeutete aber auch, daß das Pflegschafswesen, das in Zukunft 'Stiftungswesen' heißt, in die Hände der bayerischen Verwaltung gelangt (Rückübertragung an die Stadt allerdings wieder 1818). während des Umbruchs wurden einige Änderungen veranlaßt, die für die Rolle und Bedeutung des Antonierhauses wesentlich waren.

Das Gebäude war nämlich seit 1804 nicht mehr Pfarrhof der wichtigsten Kirchengemeinde Memmingens, sondern von jetzt ab ein völlig weltliches Haus.

Von 1804 bis 1814 wurde es, auch wenn es weiterhin der Pfarrhof-Stiftung gehörte als Kaserne genutzt, für eine Abteilung der leichten Reiterei, und dabei die Antonius-Kirch zum Magazin (Lagerhaus) der Soldaten umfunktioniert. Die Soldaten scheinen übrigens auch neben und zwischen den Büchern der Stadtbibliothek gehaust zu haben, denn diese wurde erst 1818 aus dem inzwischen "alter Pfarrhof" genannten Gebäude in das Steueramt am Marktplatz ausgelagert.

1815 gabe es einen erneuten Einschnitt in der Geschichte des Hauses. Es wurde nämlich an Privat verkauft, und war somit zum ersten Mal seit seiner Erbauung nicht mehr ein Gebäude von öffenlicher Bedeutung. (Allerdings läßt sich bis heute nicht feststellen, wer der Käufer war.)

Ab 1820 wurde sogar eine Zuckerraffinerie im Haus errichtet, die bis 1849 erhalten blieb. Spätestens 1837 legten zwei nahegelegene Wirtshäuser hier ihre Bierkeller an. ein weiterer Besitzer, der das Haus wirtschaftlich nutzen wollte, war seit 1855 der Zimmermeister Matthias Schneider. Er installierte dort 1865 eine Zimmerwerkstatt und eine Sargschreinerei (!) in der ehemaligen Antonius-Kirche. Ein anderer Eigentümer erweiterte diese Firma zu einem Baugeschäft, das mindestens bis 1904 bestehen blieb.

Während dieser Zeit wurden auch einige Umbau-Maßnahmen in dem Haus durchgeführt, So hat ab dem Jahr 1855 der erwähnte Zimmermeister Schneider den Nordflügel , in dem früher da Spital untergebracht war, nach Westen verlängern und für seine Zwecke umgestalten lassen. Während des 19. und 20. Jahrhundert sind auch verschiendene Kamineinbauten erfolgt, und irgendwann im 19 Jahrhundert wurde, allerdings nur im Eckraum des Übergangs zwischen Ost und Nordflügel, ein Zwischengeschoß von geringer Höhe (2,10 m) eingefügt, 1872 hat man, ohne daß dre Zweck ersichtlich ist, diverse Zwischenwände eingezogen, so daß danach das Haus fast 100 Räume - von Gewölben über größere Zimmer bis zu kleinsten Kammern aufwies
Für die Zeit nach 1904 geben die Adreßbücher bis 1949 keinen Aufschluß mehr über die wirtschaftliche Nutzung des Hauses. Ab diesem Zeitpunkt befand sich im Antonierhaus dann ein Fuhrunternehmen, später ein wein und Waschmittelgeschäft sowie eine Autosattlerei. In den 50er und 60er Jahren wurde das Haus einerseits von staatlicher Seite genutzt, indem man die Kfz-Zulassungsstele dort unterbrachte, aber auch von der Caritas oder in anderen Gebäudeteilen von einer Malerwerkstatt. Zwei Gargagen dienten der unterstellung von Lkws des Landestheaters Schwaben aus Memmingen, das mit diesen Fahrzeugen auf "Tournee" ging.

Die Verhältnismäßig knappen Hinweise für den vorherigen Abschnitt hörten ungefähr mit den 60er Jahren völlig auf, und nun schien es ganz schwierig, Informationen zu erhalten. Mit Hilfe des "Vereins Freunde des Antonierhauses e.V. und der "Memminger Zeitung" konnten wir aber die Andeutungen der Presseberichte (vgl. Kap. 1), daß zeitweilig der Bestand des gesamten Antonierhauses gefährdet war, genauer klären und in Erfahrung bringen, wie das Anwesen aus dieser Gefahr gerettet wurde.

6.0 Das Antonierhaus zwischen Gefährdung und Sanierung

In den 70er und 80er Jahre entstand die Gefahr, daß das Antonierhaus ganz odre teilweise abgerissen würde.

Im August 1976 erwarb ein Immobilienmakler für 340.000 DM das Memminger Antonierhaus, da vorher im Besitz der Stadt war und als Wohnheim für Ausländer benutzt wurde, ein Jahr später richtete der Makler als neuer Eigentümer des Hauses zu erstenmal eine Anfrage an die Stadt, ob er Teile des Gebäudes abreißen und ein Geschäftshaus errichten könne.
Bei Kauf des Hauses war er jedoch von Dr.-Ing. Arlart, Regierungsbaumeister in Memmingen, auf folgendes hingewiesen worden. Wenn überhaupt, könne nur an einen Abbruch des Nordflügels gedacht werden. Eine dem zu sanierenden Teil entsprechende Nutzung müsse mit Bestandplänen, Sanierungsplänen und Kostenvoranschlägen nachgewiesen werden. Der Bauherr müsse einen überprüfbaren Finanzierungsplan der gesamten Kostenabwicklung zur Bausanierung vorlegen.

Der Makler konnte aus finanziellen Gründen diese Auflagen nicht erfüllen. vielmehr hatte er von Anfang an die Absicht, möglichst viel von der Bausubstanz abzubrechen.
Als dieses bekannt wurde, bildete sich im März eine Bürgerinitiative zur Rettung des Antonierhauses. Soe startete eine Unterschriftensammlung, an der sich über 5000 und einige Jahre später über 10.000 Personen beteiligten. Das der Makler von beginn an mit dem Antonierhaus nur spekulierte, zeigt sich auch darin, daß er sich selbst am 12. März 1983 in die Unterschrifenliste zur Erhaltung (!) des Antonierhauses eintrug. Um sein Vorhaben der Errichtung eines Geschäftshauses zu verwirklichen, versuchte er, seine Pläne in der ersten Instanz bei Bayerischen Verwaltungsgericht in Augsburg durchzusetzen. Durch das Urteil vom 21.06.1985 erreichte der Makler jedoch nur einen Teilerfolg. Das Gericht hob einen Widerspruchsbescheid der Regierung von Schwaben insoweit auf, als der West und Nordteil de Antonierhauses abgerissen werden durften, die übrigen beiden Flügel aber erhalten und saniert werden mußten.
Dieses Ergebnis genügte dem Immobilienhändler zu diesem Zeitpunkt nicht mehr. In einem Prozeß vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof sollte daraufhin die Entscheidung über einen eventuellen Abriß oder die Erhaltung des Gebäudes fallen. Es wurden sowohl vom Makler als auch von der Stadt verschiedene Gutachten vorgelegt. Ein Gutachten des Maklers berief sich z.B. auf den Bericht eines Ulmer Prüfstatikers, der behauptete, alle Dachstühle seinen einsturzgefährdet und die Standsicherheit des Hauses somit nicht mehr vorhanden. In einem zweiten hieß es, die Bemühungen zur Sanierung kämen 2-3 Generationen zu spät, da Holz und Mauerwerk bereits vom "Echten Hausschwamm" befallen seien.
Die Gutachten der Stadt widersprachen diesen Aussagen völlig. Daraufhin legte der Makler selbst Hand an, um den Abbruch zu erzwingen. Mit Spitzhacke und Hammer zerstörte er einen Rundbogen des Westflügels und wertvolles Gewölbe im Haus. Aufgrund dieses Verstoßes gegen den Denkmalschutz verurteilte das Amtsgericht Memminge den 48jährigen zu einer Geldbuße von 3.000 DM sowie zur Übernahme der Gerichtskosten. Zu seiner Verteidigung sagte der Makler, ein Makler erwerbe ein Ojekt nicht zu dem Zweck, es mit vielen Millionen zu sanieren, sondern dazu, aus ihm entweder durch Weiterverkauf oder durch Abbruch und Neubau Nutzen zu ziehen. Am 9. August entschied der 26. Senat des Bayersichen Verwaltungsgerichtshofes, daß das Anotonierhaus nicht abgerissen werden dürfte, sondern gänzlich erhalten und saniert werden müsse. Mit der Abweisung der Klage entzog der Bayersiche Verwaltungsgeichtshof gleichzeitig dem Zivilprozeß des Maklers gegen die Stadt Memmingen (mit Schadenersatzforderungen in Millionenhöhe) den Boden.
Somit kam es am 27.11.1985 zur ersten Zwangsversteigerung, bei der die Stadt das geforderte Mindestgebot von 1,25 Millionen bei weitem nicht erreichte. Daraufhin wurde ein zweiter Versteigerungstermin festgesetzt, bei dem das gesetzlich vorgeschriebene Mindestgebot (50% des Schätzwertes)entfiel. Bei dieser zweiten Versteigerung am 2.4.1986 erwarb eine Münchner Immobilien-Gesellschaft, die zu dem Unternehmen einer Bank gehörte, bei der der Makler hochverschuldet war, für 550.000 DM das Antonierhaus, dieses Angebot konnte die Stadt nicht überbieten. Daraufhin forderte die erwähnte Bürgerinitiative "Memmingen erhalteln-Antonierhaus retten" die Stadt verstärkt auf, alles zu tun, um in den Besitz des Anwesens zu kommen. Der Makler begann in den folgenden Monaten, die ausgearbeiteten Sanierungspläne anzufechten, und versuchte, das Haus wieder in seinen Besitz zu bekommen, was ihm aber nicht gelang.
Am 223.3.1987 wurde in der "Memminger Zeitung" die Nachricht veröffentlicht, daß die Stadt das Antonierhaus von der Immobiliengesellschaft wieder zurück erhalte, da diese die Denkmalschutzauflagen zu streng und kostspielig fand. Es wurde jedoch nicht bekanntgegeben, unter welchen Bedingungen diese Abtretung stattfand.
Durch den Verkauf des Antonierhauses an die Stadt konnte es von jetzt an als gerettet gelten. Da sich das Gebäude wieder in ihren Händen befand, war es möglich, einige Sofortmaßnahmen zur Erhaltung dre Bausubstanz in die Wege zu leiten. So wurden im Jahre 1988 zuerst der Dachstuhl erneuert und das Dach gedeckt. Gleichzeitig säuberte man die Dachrinnenm um den Ablfluß des Regenwassers sicherzustellen und so die Austrocknung des feuchten Mauerwerks zu ermöglichen.
Nun begannen die Überlegungen zur weiteren Nutzung des Hauses, einzelne nicht verwirklichte Vorschläge sahen beispielsweise die Einrichtung eines Reichsstadtmuseums oder die Verlagerung der Sing- und Musikschule in das Gebäude vor. 1992 wurden schließlich von den zuständigen Behörden die endgültigen Beschlüsse zur Restaurierung und künftigen Nutzung des Antonierhauses gefaßt und Anfang Februar 1993 haben die entsprechenden Arbeiten begonnen.

Wie die Restaurierung des Hauses aussehen soll und welche Pläne für seine spätere Verwendung bestehen, interessierte uns nun als nächstes. Auch zu dieser Frage fanden wir zwar enstsprechende Berichte in der "Memminger Zeitung", wir hielten es aber für nützlich, uns zusätzlich Auskünfte aus erster Hand zu besorgen, deshalb interviewten wir zu diesem Thema, und vor allem zu der Frage, was die geplanten Maßnahmen mit dem Antonierhaus als Denkmal zu tun hätten, die zuständigen Fachleute und Behördenvertreter.

Antonierhaus Anfangszustand

7.0 Die Pläne der Behörder für die Zukunft: Restaurierung und Nutzung des Antonierhauses

(Im Bild das neue Zuhause der Stadtbibliothek)

7.1 Grundsätze für die Restaurierung des Antonierhauses

Unsere Befragung von Frau Stetter, Herrn Weis und Herrn Bender, die wir schon mehrfach mit ihren Zuständigkeiten erwähnt haben, vermittelte uns, ausgehend vom Beispiel des Antonierhauses, wichtige Informationen über die Grundsätze, anch denen amn heute ein Gebäude, das unter Denkmalschutz steht und erhalten werden soll, saniert bze. restauriert.

Besonders betont wurde von den Fachleuten folgendes: Die Restaurierung eines mittelalterlichen Gebäudes heißt nicht, es in seinen ursprüglichen (also mittelalterlichen) Zustand zurückzuversetzen, Stattdessen ist es das Zielm möglichst das Gesamtbild eines Bauwerks in der Weise zu erhalten, wie es historisch georden ist-also auch mit den Veränderungen, die es im Laufe seiner Geschichte erfahren hat.
Das bedeutet natürlich auch, daß für die Denkmalpfleger das jeweilige Objekt nicht nur dann als echtes Denkmal gelten kann, wenn an ihm seine gesamte Geschichte ersichtlich ist, denn auch nach dre Restaurierung wird ja oft nur seine zuletzt erreichte Bauentwicklung erkennbar.

Auf der anderen Seite gib es üfr den Grundsatz, daß möglichst alles erhalten werden soll, auch drei wichtige Einschränkungen.
Estens können Teile ges Gebäudes, die sich in desolater Verfassung befinden und nicht dem ursprüglichen Zustand entsprechen, auch einmal beseitigt werden.
zweitens kommt es vor, daß die Wiederherstellung eines früheren Zustands durch Rekonstruktion zerstörter Teile möglich und sinnvoll ist, und zwar dann, wenn man das Material für diese Rekonstruktion noch vorfindet und die Zerstörung erst in letzter Zeit erfolgt ist.
Drittens muß bei der Restaurierung beachtet werden, daß eine sinnvolle Nutzung des gebäudes, die auch modernen Ansprüchen genügt, möglich wird. Hier ergibt sich oft ein schwieriges Spannungsverhältnis zwische dem Ehaltungsgebot und dem Nutzungsanspruch, und es erden immer wieder Kompromisse nötig, um diesem Spannungsverhältnis gerecht zu werden.

Alle diese Gesichtspunkte sind nach den Angaben der Fachleute bei der Restaurierung des Antonierhauses wichtig.

So sollen grundsätzlich Bauteile, die nicht aus der Entstehungszeit des Hauses stammen, erhalten bleiben, z.B. der Dachstuhl des Nordflügels aus dem 18. oder Fenster aus dem 19. Jahrhundert.

Auf der anderen Seite sind oder waren einige Gebäudeteile im Antonierhaus nach Auffassung der Beörden nicht erhaltungswert. Dies gilt für die Verlängerung des Gebäudes nach Westen, die im 19.Jahrhundert stammt und wegen seines schlechten Zustands entfernt werden soll. Außerdem werden das sehr niedrige Geschoß zwischen Parterre und restem Stock sowie die vielen Zwischenwände (beides wiederum im 19.Jahrhundert verändert , vgl. Kap 4) herausgerissen, da sie einer sinnvollen Nutzung im Wege stehen und auch sonst ohne Wert sind. Darüber hinaus soll die Beschädigung alter Teile, die erst vom letzten Vorbesitzer verursacht wurde (er wollte den Abriß der gesamten Anlage duchsetzen, repariert werden. Das heißt hier konkret, daß das alte Gewölbe im Parterre des Westflügels wieder aufgebaut wird, und zwar unter Nutzung der einzelnen Mittelsäule, die weggeschlagen wurde, aber erhalten geblieben ist.
Schließlich ist beabsichtigt, den nordflügel, der in der jetzigen Form unbrauchbar ist, durch Neukonstruktion von drei Stockwreken und durch die Einrichtung moderner Versorgungsanlagen (z.B. Heizung, Lift u.a.) so zu gestalten, daß ein sinnvolle Verwendung möglich wird.

Antonierhaus Anfangszustand

7.2 Die vorgesehene Nutzung des Hauses

(Im Bild der Ostflügel, heute ist hier ein Cafe untergebracht.)

Das vorliegende Nutzungskonzept, das von den zuständigen Behörden und Gremien der Stadt gebilligt wurde, sieht vor, das Antonierhaus in allen vier Flügeln zu einem "Kulturzentrum" für die Bevölkerung zu gestalten. Die Kosten werden vorläufig auf ca. 11 Millionen DM geschätzt.

Im Nordflügel und im gößten Teil des Ostflügels soll über alle Etagen in Zukunft die Stadtbücherei untergebracht werden. Dafür sind die oben erwähnten Neukonsturktionen im Nordflügel erforderlich, zu denen ein Kellergeschoß mit Magazinraum, mit Toiletten für die Bücherei und mit Haustechnikräumen gehört.
Die Büroräume der Bücherei werden im ersten, eine Studierzone im zweiten Obergeschoß des Ostflügels eingerichtet.
Angrenzend an den Nordflügel muß im Westflügel ein Nottreppenhaus für die Bücherei eingebaut werden, über das die Hausmeisterwohnung erreichbar wird, die sich im Dachstuhl befindet. Das erste Obergeschoß des West - und des Südflügels soll ein "Museum für kirchliche Kunst" aufnehmen, das aus zwei selbständigen Hauptabteilungen besteht. Zum einen aus einem Antoniter-Museum (als Zenturm der internationalen Antoniter-Forschung), zum anderen aus dem Bernhard-Strigel-Museum, in dem auch Werke weiterer Angehöriger der Strigel-Familie zu sehen sind.

Im Erdgeschoß des Westflügels ist in den wiedreaufgebauten Gewölberäumen (vg. oben 7.1) ein Tagescafe geplant, das auch Zugang vom Westertorplatz erhalten soll.
Das Erdgeschoß des Südflügels bietet sich für die Einrichtung eines Veranstaltungssaales mit ca 150 Sitzplätzen an. Im Keller werden die Garderobe, Toiletten, Abstellräume und ein Lüftungstechnikraum untergebracht,
Der Innenhof der Anlage soll so gestaltet werden, daß er für Konzerte und Aufführungen geeignet ist.

Zum Antoniter-Museum interessierten uns noch nähere Angaben, die wir vom zuständigen Stadtheimatpfleger erbaten. Allerdings konnte er wegen des frühen Zeitpunkts noch nicht allzuviele konkrete Aussagen machen.

Geplant ist nach Aussage von Herrn Braun, in diesem Museum möglichst viele schriftliche Quellen zu den Antonitern auszustellen (Urkunden, Archivalien, Inkunablen), die in lesbarer Übertragung zugänglich sein sollen. Daneben könnten Reste von Gebäude-Teilen oder Hinweise auf die Apotheke und die Küche der Antoniter interessante Exponate sein. Vielfach werde man mit Fotos, Tafeln und dergleichen arbeiten müssen. Grundsätzlich sollte der Bezug zu den Memminer Antonitern im Vordergrund stehen, aber auch die allgemeine Geschichte der Antoniter werde man berücksichtigen.

Zum Abschluß diskutierten wir, was wir von den Plänen der Stadt für das Antonierhaus zu halten haben. Ob sie mit der historischen Bedeutung des Gebäudes, wie wir sie im Verlauf unserer Nachforschungen kennengelernt hatten, übereinstimmen, oder ob man nicht einiges an den vorgesehenen Maßnahmen ändern könnte und müßte, damit das Antonierhaus ein echtes Denkmal wird.

8.0 Abschließende Stellungnahme zu Antonierhaus Denkmal

Die Grundsätze für die Restaurierung des Antonierhauses leuchten uns ein, und im wesentlichen wid wir mit dem Nutzungskonzept der Stadt einverstanden. Denn es beschränkt sich nicht auf die gesetzlich vorgeschriebende Erhaltung des Gebäudes, sondern enthält auch Pläne, es zur geschichtlichen Erinnerung, also als echtes Denkmal zu nutzen. Das gilt (wenigstens teilweise) für die allgemeinen Einrichtungen, und erst recht sollte es mit dem vorgesehenen Museum möglich sein. Doch gerade in diesem Punkt haben wir noch einige Zweifel, ob die Planungen dem Haus angemessen sind.

8.1 Zu den allgemeinen Einrichtungen

Schon Pierre Mitte hatte im Antonierhaus seine Bibliothek eingerichtet, daher liegt es nahe, die Stadtbücherei dorthin zu verlegen, Wir begrüßen es sehr, daß die Stadt diese Entscheidung getroffen hat, weil sich damit gewissermaßen ein Kreis schließen würde.
Unsere Zustimmung finden auch die anderen kulturellen Einrichtungen (Veranstaltungssaal und Ausbau des Innenhofs), durch die das Haus wieder öffentliche Bedeutung gewinnen wird, Wir freuen uns auch schon auf das geplante Cafe im Parterre, das hoffentlich dem Stil des Hauses entsprechend eingerichtet wird.
Durch diese der Allgemeinheit zugänglichen Einrichtunge wird sicherlich auch das Museum, das uns am wichtigsten ist, regen Zuspruch finden.
Antonierhaus Anfangszustand

8.2 Zum Museum

(Im Bild das neue Antoniermuseum,der Eingang befindet sich im Bildausschnitt ganz links)

Wir befürworten selbstverständlich den Plan, im Rahmen der Restaurierung ein Antonitermuseum einzurichten. Denn damit kann, wie gesagt, das Haus zu einem echten Denkmal werden.
Doch haben wir die Befürchtung, daß nicht ausreichend Platz für eine umfassende und realistische Darstelllung de Ordens, seiner Memminger Geschichte und des hiesigen Gebäudes zur Verfügung gestellt wird. Schon der Name "Museum für kirchliche Kunst" läßt darauf schließen, daß nicht die Antoniter und ihr Haus mit ihren doch auch sehr weltlichen Aspekten, sondern Kirchenkunst allgemein im Vordergund stehen soll (man beachte die mindestens gleichberechtigte Stellung des Strigel-Museum). Unser Vorschlag wäre eine Umbenennung in "Antoniermuseum", zu dem natürlich eine Strigel-Abteilung gehören könnte, die Familie Strigel pflegte ja Beziehungen zu dem Orden.
Außerdem sehen wir die Gefahr, daß der Antoniterorden allein in seinen positiven Seiten dargestellt wird.

Um klarzumachen, was nach unserer Meinung das Museum hervorzuheben hätte, um eine objektive Darstellung zu bieten, gehen wir noch einmal zusammenfassend auf die historische Bedeutung der Antoniter und ihres Memminger Hauses ein, wie wir sie in dieser Arbei dargelegt haben.

Da wäre zuerst einmal die karitative Tätigkeit des Ordens zu nennen, die Pflege von Mutterkornkranken. Dies ist ein sehr wichtiger und positiver Aspekt, da der mittelalterliche Staat nicht für Kranke aufkam (es gab keine Krenkenversicherung). Wie weiter oben beschrieben, erzielten die Antoniter auch nenneswerte Heilerfolge. Jedoch stand letztlich nicht die Krankenpflege im Mittelpunkt der Ordenstätigkeit, sondern ohne Zweifel das 'Wirtschaften' vor allem das Terminieren.
Das traf gerade für die Memminger Niederlassung zu. Ihre Spitaltätigkeit besaß, auch im neuen Haus von Pierre Mitte, eine ganz untergeordnete Rolle im Vergleich zu ihrer Bedeutung als Wirtschaftfaktor. Zu erinnern ist aber auch an die kurzzeitige Funktion als diplomatische Zentrum. Zudem war das Antonierhaus damal lwohl das größte und repräsentativste Haus Memmingens, heute ist es das letzte mittelalterlich erhaltene Gebäude der Antoniter in ganz Europa.
Auch die Geschichte des Hauses als Pfarrhof, also in dere Zeit nach den Antoniter, sollte nicht vernachlässigt werden. Daß sich an (vorher katholischen) Einrichtungen zumindest in wirtschaftlicher Hinsicht oft nicht viel änderte, nachdem sie protestantisch geworden waren, und daß die bestenden Verhältnisse im wesentlich noch jahrhundertelang andauern konnte, ist in der Bevölkerukng wahrscheinlich wenig bekannt. Um so krasser war dann der Umbruch der Jahre 1803 bis 1804 , den man am Antonierhaus enbenfalls recht gut ablesen kann. Schließlich sollte auch noch die jüngste Geschichte des Hauses, also die Zeit seiner Gefährdung und Rettung, in das Museum aufgenommen werden.

Wie das Museum zu gestalten wäre, damit es für möglichst viele Besucher interessant wird und dadurch wirklich seinen Zweck erfüllt, überlegten wir uns ebenfalls. wir wissen nämlich aus eingener Erfahrung, daß Museen langweilig sein können
Wir würden es sehr begrüßen, wenn nicht nur Texttafeln und Fotos, sondern auch Modelle, echte Exponate und Filmmaterial, sowohl über die mittelalterliche wie auch über die moderne Geschichte des Hauses zur Verfügung ständen. Für Schulklassen wären ein jeweils altersgerechter Fragebogen und ein Computerprogramm sinnvoll, mit dessen Hilfe Jugendliche selbständig Fragen zur Thematik der Austellung beantworten können. Eine Leseecke für besonders interessiete Besucher halten wir ebenfalls für eine gute Idee.

Eine kurze Schlußbemerkung

Einige Wochen vor Abschluß unserer Arbeit wurde bekannt, daß die Fördermittel des Bundes und wahrscheinlich auf des Landes für die Restaurierung des Antonierhauses erheblich gekürzt oder gar ganz gestrichen werden. Nachdem wir uns nun mit diesem Denkmal so lange beschäftigt haben und sicher sind, daß es große Bedeutung besitzt, hoffen wir, daß die Restaurierung trotz der verringerten finanziellen Mittel wie geplant durchgeführt wird oder sogar so, wie wir es vorgeschlagen haben.

9.0 Vorgeschichte und Zielsetzung unserer Arbeit

Unser Arbeitskreis besteht aus acht Schülern, die den Wahlunterricht "Pluskurs Geschichte" belegen, In ihm wollten wir uns mit einem Thema befassen, das die Memminger Geschichte, also die "Geschichte vor Ort" betrifft. Zufällig erinnerten wir uns an verschiedene Artikel in unserer Lokalzeitung, die im Sommer über das Antonierhausin Memmingen berichtet hatten. Es galt zwar als denkmalgeschützt, war aber trotzdem vorübergehend vom Abriß bedroht gewesen und sollte demnächst restauriert werden. Kurze Zeit später erschien sogar in einer überregionalen Zeitung ein Bericht über dieses jahrhundertalte Gebäude. Da die Presse das 'Antonierhaus' so wichtig genommen hatte, beschlossen wir, uns mit ihm und seiner Geschichte näher zu befassen.
Bald darauf erfuhren wir auch von dem Schülerwettbewerb "Deutsche Geschichte" der in diesem Jahr unter dem Motto "Denkmal..." steht. Dadurch kamen wir auf die Idee, unsere Beschäftigung mit dem Antonierhaus für einen Beitrag zu diesem Wettbewerb zu nutzen. Mit diesem Entschluß kam vieles auf uns zu, mit dem wir eigentlich gar nicht gerechnet hatten.

Unsere erste Aufgabe bestand jetzt aufgrund der Themenstellung darin, uns mit dem Sachbereich "Denkmalschutz" auseinanderzusetzen. Wir fragten uns, was überhaupt "Denkmal" und "Denkmalschutz" bedeuten, und informierten uns darüber im Bayersichen Denkmalschutzgesetz von 1973

Die wichtigsen Ergebnisse waren:

Denkmalschutz ist rechtlicher Schutz gegen willkürliche Eingriffe (wie z. B. Abbruch, Verunstaltung oder Vernachlässigung von Bauwerken) und besteht dann für die jeweiligen Objekte, wenn sie z.B. als Gebäude -historischen, künstlerischen, städtebaulichen, wissenschaftlichen, oder vokskundlichen Wert besitzen-und eben deshalb ein Denkmal sind.

Die nächste Frage war, ob da Antonierhaus nur aufgrund seines Alters historischen Wert besitzt und damit ein Denkmal ist (daß es eines war, stand ja anscheinend fest), oder ob die geschichtliche Bedeutung des Hauses nicht doch tiefer liegt. Und vielleicht erfüllt das Antonierhaus noch weitere der oben genannten Kriterien für ein Denkaml? Doch wir erkannten, nachdem wir uns kurz mit diesen anderen Gesichtspunkten befaßt ha tten, daß sie in unserem Fall-wenn überhaupt -nur ergiebig sind, wenn man sich lange mit ihnen beschäftigt Da wir den Zeitdruck voraussahen (Abgabetermin) und eigentlich Geschicht (vgl.: Pluskurs Geschichte) unser Bereich ist, beschlossen wir, uns in unserer Arbeit auf die historische Bedeutung des Hauses zu beschränken.

Um nun diese Bedeutung zu ergründen, veruchten wir zuerst, etwas über die Antonier (oder Antoniter) allgemein und dann Genaueres über ihre Rolle in Memmingen herauszufinden. Anschließend fragten wir nach dem Erbauer der bis heute bestehenden Anlage, nach ihren Aufgaben und ihrem weiteren Schicksal im Verlauf der Jahrhunderte.

Unsere Informationen erhielten wir, jedenfalls für die Zeit bis 1562, hauptsächlich aus Büchern und Aufsätzen von A. Mischlewski, der den Antoniter-Orden, gerade was Memmingen betrifft, wohl am besten kennt. Allerdings ergaben sich noch weitere Fragen. Diese versuchten wir in Interviews mit Frau Stetter (Architektin, zuständig für die Sanierung des Antonierhauses), Herrn Weis (Vom Bayerischen Landesamt für Denkmalschutz in München), sowie in Gesprächen mit dem Stadtheimatpfleger, Hernn Braun, und durch Besuche im Stadtarchiv, das von Herrn Engelhard geleitet wird, zu klären.

Schließlich informierten wir uns, wie es zu der Rettung des bedrohten Hauses gekommen war, und welche Pläne die Behörden für seine Verwendung in der Zukunft haben.

Nicht alle Fragen konnten wir durch unsere Nachforschungen zufriedenstellend beantworten. Im ganzen stellten wir aber fest, daß die historische Bedeutung des Gebäudes nicht einfach in seinem Alter liegt, sondern viel weiter geht. Und das ist es, was wir in unserer Arbeit zeigen möchten.

Natürlich war den meisten von uns das Memminger 'Antonierhaus' schon länger ein Begriff gewesen. Doch von wem es seinen Namen hatte, wer diese "Antonier" waren-oder, wie wir auch lasen bzw. hörten: Diese "Antoniter"- das mußten wir für unsere Arbeit erst herausfinden.

10.0 Danke an alle Beteiligten

Unsere Arbeit wäre wohl nicht entstanden, wenn uns nicht einige Personen sehr unterstützt hätten.
Vor allem möchten wir uns herzlicht bei Frau Stetter bedanken, die als Architektin für die Sanierung der Antonierhauses zuständig ist. Sie hat uns alle ihre zugänglichen Materialien gern zu Verfügung gestellt , und so konnten wir über sie sehr rasch an viele Aufsätze von A. Mischlewski gelangen, die eine der Hauptquellen für unsere Arbeit darstellten. Auch gab sie uns freundlicherweise einige maschinenschriftlich aufbereitete Archivalien und weitere Unterlagen. Sie ermöglichte uns, das Antonierhaus zu besichtigen, und führte uns durch die Anlage. Gleichzeitig vermittelte sie uns mit Herrn Weis vom Bayerischen Landeamt für Denkmalschutz in München und mit Herrn Bender von der Unteren Denkmalschutzbehörde in Memmingen, zwei wichtige Interviewpartner, denen wir an dieser Stelle für die Beantwortung unserer Fragen zum Thema 'Denkmalschutz' vielmals danken wollen, Frau Stetter war zusätzlich jederzeit zu mündlichen Auskünften bereit,- dies gilt ebenso für den Memminger Stadtarchivar, Herrn Engelhard, auch von ihm erhielten wir dankenswerterweise eine Reihe wichtiger Archivalien. Obwohl es eingentlich gar nicht zu seinen Pflichten gehört, verwendete er viel Zeit, um uns bei der Suche nach Dokumenten behilflich zu sein. Einige wertete er für uns sogar zu einem ersten Überblick aus, auch dem Stadtheimatpfleger, Herrn Braun, der immer bereit war, uns zu helfen, sind wir zu Dank verpflichtet. Die Übertragung von Dokumenten, die in altdeutscher Schrift abgefaßt sind und die wir kaum hätten lesen können, übernahmen freundlicherweise Frau Els Kremer (Gwendolins Großmutter) sowie Herr Berger, der Leiter unseres 'Pluskurs Geschicht'. Ihm danken wir auch für seine Hilfe bei der Gliederung der Arbeit, bei Zitieren und für andere Anregungen. Durch den Verein "Freunde des Antonierhauses e.V." (aus der Bürgerinitiative zur Erhaltung des Gebäudes entstanden) bekamen wir Angaben zu Zeitungsartikeln, die über die Gefährdung und Rettung des Antonierhauses berichten. Wir danken der "Memminger Zeitung" für das Heraussuchen und Bereitstellen dieser Artikel

Nochmals allen herzlichen Dank !